Wer hätte gedacht, dass Firmen eines Tages stolz sind auf den Nachhaltigkeitsanspruch – schließlich schien er lange unvereinbar mit Attraktivität. Gut, dass sich nun eine goldene Mitte bildet. Wir zeigen nachhaltige Möbel und Materialien für den Innenraum.
Erst wissen, dann wählen
‚Break‘ von Jehs+Laub für Brunner ist ein versatiler Bistrotisch. Verfügbar in vier Höhen von 35 bis 108 cm, lässt er sich mit verschiedenen Platten kombinieren – unter anderem, wie auf der Orgatec gezeigt, mit ‚Really‘, dem Upcycling-Werkstoff aus Kvadrat-Textilfasern. Grün ist der Ansatz, Uni die Farbe, fein strukturiert die Optik.
Zu schade für die Flasche
Kork ist im Kommen: Das unterstreicht die experimentelle Möbelkollektion ‚Sobreira‘, die die Campana Brothers mit Corticeira Amorim, dem weltweit größten Verarbeitungsbetrieb, und Época entwickelten. Neben einem archaisch-organischen Stuhl aus naturbelassenem Material zeigen auch Schränke die Wandelbarkeit des nachwachsenden Rohstoffs.
Foto: Nuno Sousa Dias
Guter Vorsatz
Pünktlich zum neuen Jahr bringt DeVorm ‚Hale‘ auf den Markt. Der von Ivan Kasner entworfene Stapelstuhl kommt genau recht für alle, die sich zum Vorsatz machen, in Objektplanungen nachhaltige Möbel zu nutzen, die Funktion und Ästhetik verbinden: ‚Hale‘ ist farblich individualisierbar, recycelt und recyclebar, und selbstredend besteht die Sitzfläche aus PET-Filz.
Von Frontscheibe zu Fussboden
PVB-Folie ermöglicht die besonderen mechanischen Eigenschaften von Autoscheiben und ist recycelt für Tarkett attraktiv: Zusammen mit Biokunststoff und mit aus Wasseraufbereitungsanlagen gewonnener Kreide wird sie zum elastischen Bodenbelag ‚iD Revolution‘. Die recyclebaren Planken und Fliesen sind in 12 Holz- und Steindekoren verfügbar.
Auf ein langes Leben
85 Prozent des produzierten Aluminiums ist nach wie vor in Benutzung – beispielsweise beim ‚1 Inch Chair‘, den Jasper Morrison für Emeco entwarf. Die prominenten Löcher in Rücken und Sitzfläche erinnern zwar an Hans Corays ‚Landi‘, haben jedoch Berechtigung: Das Material gewinnt an Stabilität und bei Außeneinsatz kann Wasser abfließen.
Foto: Miro Zagnoli
Adieu, Tristesse
Mit konservierten Pflanzen bestückte Wandpaneele laufen traurigem Bürogrün den Rang ab. Das ‚G‘-System von Alain Gilles für Green Mood hat jedoch nicht nur wegen des Pflegeaufwands, sondern auch aufgrund der Ästhetik seinen Platz im Büro verdient: an der Wand, von der Decke hängend oder stehend, mit feinem Metallrahmen.
Foto: Alain Gilles The Studio
Atmet, aber lebte nie
Der Umwelt zugunsten ist schon mancher zum Vegetarier geworden, doch für Leder gab es bislang nur mit Kompromissen behafteten Ersatz. Mit ‚Laif Vyp Nappa‘ bietet Continental nun einen synthetischen Bezugsstoff, der neben der täuschend echten Optik auch atmungsaktiv ist. Mikrokanäle sorgen für Luftaustausch und transportieren Feuchtigkeit.
Foto: Sven Löffler
Johanenlies
Des Bauholzes Kern
Die Zeiten, in denen man ‚Upcycling‘ als Schimpfwort nutzte, sind vorbei, wenn man die Möbelkollektionen von Johanenlies betrachtet. Aus recyceltem Bauholz und Metall entwickelt Mike Raaijmakers Möbel aller Art. Von Baustellenromantik keine Spur: Stattdessen feine Form und Farbe. Die nachhaltigen Möbel werden von Hand und nach Kundenwunsch gefertigt.
Für den Westen was Neues
In Sibirien ist Birkenrinde ein traditionsreiches Material, in Deutschland ist es jedoch kaum bekannt. Anastasiya Koshcheeva übernimmt mit einer kleinen und feinen Kollektion aus Möbeln, Leuchten und Accessoires Missionarsarbeit. Im Hocker ‚Tuesa‘ spielt sie die lederartige Flexibilität der Rinde formal reizvoll aus.
Foto: Crispy Point
Mix and Match
Bei ‚Corcrete‘ zeigt Beton sich von der weichen Seite: Eingegossene Korkstückchen bewirken eine samtige Oberfläche. Da das Material zur Berührung förmlich einlädt, findet es seine erste Anwendung als Beistelltisch. Es ist jedoch auch als Fliese verfügbar, denn die Entwickler von Niruk zielen auf breite Einsatzmöglichkeiten im Innenraum.
Foto: www.thomaswiufschwartz.com
Der Rücken soll entzücken
Mit 48 Fliesenqualitäten ist Object Carpet am Markt und bietet alle nun mit dem Rücken ‚Welltex‘ an. Aufgebaut aus Nutzschicht, Grundgewebe aus recyceltem PET, latexfreier Faser- und Filarmenteinbindung, Bitumen- und PVC-freiem Kleber sowie ebenfalls recyceltem PET-Abdeckvlies ist das Endprodukt geruchs- und emissionsarm.
Klingt gut, ist gut
Viele Firmen propagieren Nachhaltigkeit, doch welche schaut dann auch in den eigenen Abfallcontainer? Offecct offensichtlich schon, obwohl das Akustiksystem ‚Sound Sticks‘ keineswegs wie ein Upcycling-Produkt wirkt. Der Kern ist aus Papprollen, die bei der Stofflieferung anfallen; die Füllung aus Textilfaser-Filz; der Mantel aus Stoffverschnitten.
Make the gracht clean again
Feinste Amsterdamer Rohstoffe kommen im ‚Whale Table‘ zum Einsatz: Nämlich Plastikmüll, der von engagierten Bürgern aus Grachten gefischt und von der Organisation Plastic Whale weiter verwertet wird. Vepa nutzt das Material neben Stühlen für einen Konferenztisch; ein Metallelement an der Stirnseite weist die besondere Herkunft aus.
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