Alle reden von der Küche. Dass sie Dreh- und Angelpunkt des Wohnens ist. Dass sie neben dem Badezimmer der kostenintensivste Raum des Hauses ist. Dass hier die Zukunft in Form von digitaler Vernetzung stattfindet. Das mag alles stimmen, doch was in Köln auf der 5. Ausgabe der LivingKitchen zu sehen beziehungsweise nicht zu sehen war, gibt Anlass zur Sorge.
Krise in Köln
Man ahnte es schon, als mit BSH und Miele gleich zwei der Big Names ankündigten, nicht an der Küchenmesse teilzunehmen. Ebenso wie die designaffinen Hersteller Jokodomus, Valcucine und Hansgrohe, die bei den Ausgaben zuvor für gestalterische Highlights sorgten. Ganz zu schweigen von deutschen Küchenmöbelherstellern wie Poggenpohl und Siematic, die der Messe im Heimatmarkt erneut fern blieben und ihre Produkte lieber auf Hausmessen oder in Showrooms präsentieren. Das mag zum einen finanzielle Gründe haben, zeigt aber auch, dass das klassische Messemodell ausgedient hat oder zumindest die Zahl der Messeteilnahmen bei vielen Herstellern prägnant zurückgefahren wird. Und dass, obwohl die Zahlen durchaus Anlass zur Hoffnung geben. Wie der Verband der Deutschen Küchenmöbelindustrie (VdDK) mitteilt, stieg der Umsatz der deutschen Küchenmöbelindustrie im Jahresverlauf (Stand Oktober 2018) im Vergleich zum Vorjahr um 6,32 Prozent.
Newcomer und alte (Design-)Hasen
Man kann der Messe Köln nicht vorhalten, sich keine Gedanken gemacht zu haben. In den letzten Jahren von Ausstellern besetzte Flächen wurden mit interessanten Trend-Präsentationen bespielt. Während in Halle 5.2 Future Foodstyles gezeigt wurden, präsentierten Nachwuchsdesigner ihre Ideen von Küche im Rahmen des Pure Talents Contest. Gewonnen im Bereich Küche hat der französische Designer Maxime Augay, der sich eine mobile Dunstabzugshaube ausgedacht hatte. Seine Idee: Das knallrote Ding kann bei Nichtgebrauch kurzerhand weggestellt werden und spart so Platz in der Küche.
Ein Wasserkocher wird obsolet mit der Armatur Blanco Tampera Hot, die per separater Bedieneinheit für Heißwasser sorgt. Der baden-württembergische Hersteller hatte noch zwei weitere Aha-Produkte mitgebracht: die Armatur Blanco Evol-S Volume, die über eine Messbecher-Funktion verfügt. Einfach antippen und schon kommen genau 125 ml Wasser (oder weitere Standardeinheiten) aus dem Hahn. Mit Beton Style gibt es außerdem eine neue Silgranit-Farbe, die dem Beton-Look huldigt, der auch bei einigen Materialherstellern zu sehen waren, die auf der Messe überproportional vertreten waren.
Quo vadis Küche?
Ein Highlight der Living Kitchen war Alfredo Häberlis Vision einer Future Kitchen. „Ich möchte die Leute irritieren“ erzählte er bei einem Rundgang. Statt einer echten Küche hatte er deshalb nur wenige (Design-)Produkte und überraschenderweise ein Dixi-Klo und Schlafsäcke arrangiert. Küchenaccessoires wie Besteck und Küchengeräte gab es indes nur als Virtuelle Realität auf den bereitgestellten Tablets zu sehen. Gemeinsam mit Samsung hat Häberli unter anderem einen Kühlschrank aus Glas entwickelt, der nachhaltig sein soll. Da er transparent ist, sieht man alle Lebensmittel und schmeißt – so die Hoffnung des Designers – weniger weg. Außerdem wird die erzeugte Energie für eine Wärmeplatte genutzt.
Auf Herstellerseite zeigte die LivingKitchen leider nur wenig Inspirierendes. Es gab Neuheiten in Form von kleinen Regalen (Fios von Leicht), Farben (Beton Style von Blanco, Oro Luz von Leicht), Natursteine (Alpengrün von Strasser Steine) und auffällig viel Holz. Eiche steht beispielsweise bei Team7 an Nummer Eins der beliebtesten Hölzer. Doch weil der Preis für Eichenholz um 30 Prozent gestiegen ist, wie eine Mitarbeiterin am Messestand erzählte, machen sich die Österreicher stark für andere Holzarten.
Deshalb stellte man das Küchenmodell Linee in Kirschbaumholz aus, während die Küchenfronten bei next125 schön schlicht in Tannenholz gehalten waren. Für Schüller – der deutsche Küchenhersteller punktete mit einem gut gestalteten Messestand – stand eine Absage an die LivingKitchen übrigens nie zur Debatte, wie Marketingleiterin Annette Schumacher berichtete.
Das Fazit
Auch wenn sich die LivingKitchen „als weltweit größtes Küchenevent mit einer eindrucksvollen Entwicklung sieht“ (O-Ton Messe): Mailand und die Eurocucina haben Köln längst den Rang abgelaufen – sowohl was die Qualität der Aussteller als auch die dort gezeigten gestalterischen und auch technischen Trends angeht. „Es ist wichtig, dass andere große Unternehmen in Köln präsent sind. Wir profitieren von einander“ sagt Markus Schüller, Geschäftsführer von Schüller. Man kann nicht nur für ihn hoffen, dass zur nächsten LivingKitchen wieder mehr Hersteller den Weg nach Köln finden werden. Sonst droht das Aus.
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