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BIndemittel stehen bei der Biowandfarbe im Zentrum - md-mag

Biowandfarbe und zeitlose Farbtöne verringern den CO2-Footprint
Lang lebe die Wandfarbe

Nachwachsende Rohstoffe können Ressourcen schonen, auch bei Bindemitteln in Dispersionsfarben. Ebenso trägt die Gestaltung selbst zum Umweltschutz bei, durch den Verzicht auf modische Trends und kleinteilige Farbgestaltung.

Autor Armin Scharf

Bei Wandfarben – hier stellen Dispersionsfarben den Hauptanteil – gewinnt das Thema Sustainability an Bedeutung. Wenn es um umweltfreundlichere Zusammensetzungen geht, kommt es vor allen Dingen auf die Bindemittel an. Sie umschließen die farbgebenden Pigmente und Füllstoffe und sind unter anderem für die visuellen Eigenschaften und die Robustheit der späteren Schicht verantwortlich.

Bindemittel für Dispersionsfarben produzieren nicht die Farbenhersteller selbst, sondern Chemiekonzerne auf petrochemischem Weg. BASF zum Beispiel beginnt, nachwachsende Rohstoffe einzusetzen, konkret Bionaphta und Biogas am Beginn der chemischen Produktionskette. 2016 stellte der Konzern erstmals ein Dispersionsbindemittel vor, bei dem Biomasse fossile Ausgangsstoffe zu 100 Prozent ersetzt.

Im gleichen Jahr präsentierte Caparol mit ‚CapaGeo‘ die erste darauf basierende Dispersionsfarbe. Die notwendige Biomasse für diese Biowandfarbe stammt vor allem aus organischen Abfällen, die in der Landwirtschaft oder in Großküchen anfallen und nicht anders verwertbar sind. Abfall wird also zum Rohstoff. Die Nutzung dieser Rohstoffe erfolgt nach dem sogenannten Massenbilanz-Verfahren: BASF füttert seine Steamcracker-Anlagen, die wiederum die Vorprodukte der Polymerchemie erzeugen, nicht nur mit fossilem Naphta, sondern auch mit Bionaphta. Ordert nun ein Kunde, etwa Caparol, eine Charge des besagten Bindemittels, führt BASF dem Steamcracker die nötige Biomassemenge hinzu. Dazu Dr. Nikolas Raupp, Global Sustainability Manager Dispersions & Pigments bei BASF im Branchenmagazin „Farbe + Lack“: „Die Verbindung zum Endprodukt entsteht durch die rechnerische Zurückverfolgbarkeit der Produktionszwischenstufen bis zum Bionaphta,“ Der Nachweis erfolgt durch ein Zertifikat, das BASF und der TÜV Süd entwickelten und das den Anteil der Biomasse dokumentiert.

Biomasseanteile in der Biowandfarbe

Das bedeutet keineswegs, dass die Farbe im ‚CapaGeo‘-Recycling-Eimer lediglich Bindemittelmoleküle aus Biomasse enthält. Ähnlich wie bei der Einspeisung von Ökostrom stellt das Verfahren sicher, dass für die entsprechende Grundstoffmenge biogene Rohstoffe in den Gesamtprozess einflossen. Zudem entfällt auf das Bindemittel innerhalb der gesamten Farbenrezeptur nur ein Anteil von etwa 15 Prozent.

Alle anderen Bestandteile fußen auf nicht nachwachsenden Rohstoffen. Neben Wasser sind das Pigmente, Füllstoffe und Additive. Gerade Titandioxid, das zentrale Weißpigment überhaupt, weist keine nachwachsenden Rohstoffe auf, genauso wenig die Bindemittel von Silikat- oder Kalkfarben. Allerdings wurden diese nicht petrochemisch hergestellt, sondern bestehen aus Mineralien.

Doch bietet die Nutzung biogener, nachwachsender Rohstoffe für Bindemittel von Anstrichstoffen einen interessanten und ausbaufähigen Ansatz angesichts der jährlich produzierten Mengen an Wandfarben. Dem Verband der Lackindustrie zufolge wurden 2017 in Deutschland 556  000 t Dispersionsfarben für den Innenbereich produziert – mehr als von jedem anderen Farbentyp.

Während sich die meisten Farbenhersteller bedeckt halten, baut etwa Caparol sein Portfolio an Biowandfarben aus: „Als neustes Produkt haben wir die
‚Aqua Lasur Universal‘ mit Leindotter, betont Wolfgang Hoffmann von der Caparol-Marketingabteilung. Weitere sollen folgen. Bremsend dürfte sich der Preis auswirken: „Im Verhältnis zu fossilen Rohstoffen sind die von uns eingesetzten nachwachsenden Rohstoffe, die nach anerkannten Nachhaltigkeitsstandards hergestellt wurden, wesentlich teurer“, äußert sich Raupp in „Farbe + Lack“.

Was aber relativ ist, denn die Gesamtkosten von Beschichtungsarbeiten werden nicht von den Material-, sondern von den Personalkosten bestimmt. Die sind nicht ganz materialunabhängig: Höherwertige Farben gelten als schneller verarbeitbar und dank höherer Deckfähigkeit reduziert sich der Materialbedarf. Auch die Strapazierfähigkeit ist im Allgemeinen deutlich besser als bei preisgünstigen Materialtypen.

Ohne optischen Verschleiss

Deshalb sollte der Aspekt der Langlebigkeit in der Nachhaltigkeitsdebatte mehr Gewicht bekommen. Bei Wandfarben – hier exemplarisch Dispersionsfarben – bilden Gestaltung und Materialtechnik zwei nicht voneinander trennbare Aspekte der Langlebigkeit. Je matter eine Oberfläche, desto geringer sind die Pigmente in die schützende und fixierende Matrix des Bindemittels eingebunden.

Die derzeit im Trend liegenden supermatten und strukturlosen Wandgestaltungen lassen sich nur mit solchen Bindemitteln realisieren, die den optimierten Verlauf des trocknenden Films gewährleisten und zugleich die Pigmente ausreichend binden. Sonst kann schon ein Vorbeistreifen mit der Haut oder einem Gegenstand zum Aufpolieren der Oberfläche führen. Besonders bei dunklen Farbtönen ist dieser störende Effekt rasch erkennbar. Die Folge: Bei starkem Publikumsverkehr steht die Überarbeitung überdurchschnittlich schnell an, neues Material muss verbraucht werden.

Gleiches gilt für reinweiße Flächen, die ansatzlos bis zum Fußboden reichen. Dieser optische Verschleiß kann durch hochwertigere Materialien zumindest verzögert werden. Umgehen lässt er sich nur durch eine kluge Gestaltung. Das betrifft auch die Farbtonwahl als solche – in erster Linie im Außenbereich. Nach wie vor problematisch sind dabei besonders intensive, gesättigte Farbtöne aus der Rot-, Blau- und Violettskala, die sich mit farbtonstabilen, mineralischen Pigmenten nicht umsetzen lassen.

Nachhaltigkeit, soviel steht fest, setzt einen bewussten Umgang mit den Ressourcen voraus. Das gilt ganz besonders für Gestalter und Planer und kann schon im Kleinen anfangen. So sollte man auf die farbliche Akzentuierung von Kleinflächen verzichten. Die benötigen zwar nur wenig Material, es muss jedoch in größeren Gebinden gemischt werden. Die Konsequenz sind Reste, die nach Jahresfrist kaum noch brauchbar sind.

Statt jedem Farbtrend blindlings zu folgen, wäre die Nutzung von Farbtönen mit zeitlosem Charakter zumindest einmal eine Überlegung wert. LeCorbusiers Farbenklaviatur lässt da beispielsweise grüßen.

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