Unkonventionalität ist sein Markenzeichen – und manifestiert sich in allem, was er tut: Das beginnt bei der Kleidung, steigert sich in seiner sprühend positiven Grundstimmung und gipfelt in seinen hintersinnig bis genialen, radikalen oder auch provokanten Entwürfen. Unsere Hochschulserie stellt den Lehrenden in den Mittelpunkt und präsentiert ausgewählte Projekte seiner Studierenden.
Autorin Nina Shell
Für Peter Naumann ist es das größte, wenn er die Menschen in jedweder Hinsicht mit seinen Entwürfen emotional berühren und erreichen kann. “Das ist das Lebenselixier für Designer – wenn die Leute die von dir gestaltete Zeitschriftanschauen, den Schuh tragen, das Auto fahren. Dafür macht man diesen Beruf – man möchte seine schöpferischen Ergebnisse in der realen Welt sehen. Nicht Ruhm und Ehre sind wichtig, sondern nur dieser Aspekt, dann erfüllt sich das Bild.” Mit dieser Ansicht erklärt sich auch ein wenig, dass Peter Naumann ursprünglich eigentlich eher sein Leben als Künstler vor Augen hatte. Die entscheidende Weiche, dass es dann doch anders kam, stellte seinerzeit sein Vater, ein Architekt. “Ich wusste damals gar nicht, dass es so etwas wie Industriedesigner gibt – nachdem mein Vater mir den Studiengang vorschlug, wusste ich sofort, dass das genau mein Ding ist.”
Da stand die Lehrtätigkeit noch gar nicht auf seinem Lebensplan. Die ersten 15 Jahre im eigenen Designstudio hat Peter Naumann “gearbeitet wie ein Ochse, Tag und Nacht”. Dieses sei eine tolle Erfahrung gewesen, habe großen Spaß gemacht und war nachweislich auch sehr erfolgreich. Als der Ruf an die Hochschule für Angewandte Wissenschaften München kam, hatte er zunächst Zweifel, ob er das, was für ihn Beruf und Berufung ist, auch weitervermitteln kann: “Ich bin nämlich eigentlich ein ungeduldiger Typ.” Wobei genau das sicherlich auch ein Teil seines Erfolgs als Dekan und Dozent ist. Denn: Das ursprünglich recht starre und reglementierte Programm, das die Umstellung des Studiengangs auf Bachelor und Master of Arts mit sich brachte, hat er gleich mal mit seiner Erfahrung als selbstständiger Designer mit eigenem Studio – und mit seinem, wie er es nennt, “tollen Kollegen-Team” – umstrukturiert.
“Bei uns steht zwar Bachelor drauf, aber wir machen das so kreativ, wie es nur geht. Viele studieren hier auch neun oder zehn Semester. Wir sagen ihnen: ‘Leute, lasst euch Zeit, habt keine Angst, ihr müsst Spaß daran haben, probiert mal alles aus.’ Es macht viel Freude, sie dann auch so lange zu begleiten.” Der Lehransatz ist natürlich dem einer Hochschule entsprechend: praxisorientiert. “Dabei ist es natürlich nicht so, dass wir aus unseren Studenten kleine Designsoldaten machen. Zu meiner Zeit wusste man noch nicht so genau, ob Design ein Ingenieurstudium oder eher etwas Künstlerisches ist. Wir stehen hier zu hundert Prozent dahinter, dass wir einen künstlerischen Studiengang anbieten.” Dazu gehört aber auch, dass in den beiden ersten Semestern die absoluten Basics vermittelt werden. Dies momentan noch eher frontal, aber auch hier verharrt Naumann nicht im Status quo. “Wir wollen diese Grundstudienzeit künftig viel stärker via Workshops gestalten, probieren neue pädagogische und didaktische Methoden aus.” Der enge Kontakt zu internationalen Schulen wie dem Royal College of Art oder auch zu niederländischen Hochschulen ermöglicht hier regen Erfahrungsaustausch. Denn: “Wir alle befassen uns mit der Frage, wie man es heutzutage optimal hinbekommt, Kreativität, Design und Gestaltung zu unterrichten. So richtig lehren und lernen kann man das naturgemäß nicht. Aber man kann versuchen, das kreative Potenzial der jungen Leute herauszukitzeln und sie dann durch eigenständiges Experimentieren soweit anleiten, dass sie sich aus sich selbst heraus immer ein Stück weiterentwickeln.”
Und – nicht ganz unwichtig, wenn auch gern mal kritisiert – Peter Naumann vermittelt seinen Studenten auch das elementare Know-how, wie man mit seiner Arbeit finanziell erfolgreich sein kann: “Ich habe durchaus als Professor den Ruf, dass ich den Leuten erkläre, wie sie mit ihrem Können auch Geld verdienen. Findet nicht jeder toll, denn die Lehre soll ja unabhängig und frei sein. Das ist aber meine Berufs- und Lebenserfahrung. Ich wollte diesen Beruf immer erfolgreich ausführen und habe größten Respekt vor jedem, der es schafft, damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, auch wenn es vielleicht gerade nur so reicht.”
Eine gute Grundlage schaffen hier auch die vielen Projekte, die während der Studienzeit gemeinsam mit Unternehmen, national wie international, laufen. Natürlich nutzen die unterstützenden Unternehmen nicht nur das Potenzial, Dinge von jungen Menschen neu denken zu lassen, sondern auch für das Scouting künftiger Werkstudenten oder Mitarbeiter. Für Peter Naumann selbst war die achtjährige Studienzeit, wie er sagt, “die beste Zeit meines Lebens”. Dass er dafür sorgt, dass die bei ihm Studierenden später ähnlich darüber denken, versteht sich da fast von selbst.
Peter Naumann
Hochschule für Angewandte Wissenschaften, München
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