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Nitzan Cohen

Hochschullehrer im Portrait
Nitzan Cohen

Dass “Learning by doing” funktioniert, ist nur eine der Überzeugungen des Designers, der an der Freien Universität in Bozen Bachelor-Studierende in Product Design unterrichtet. Eine Tätigkeit, die ihn in vielerlei Hinsicht ausfüllt und ihm großen Spaß macht, wie er sagt.

Autorin Nina Shell

“An der Universität herrscht eine Dynamik wie in meinem Designstudio vor zehn Jahren. Man hat eine ganz andere Power, die Dinge anzugehen und eine ganz andere Perspektive, weil es nicht immer um konkrete und auftragbedingte Projekte geht. Das finde ich in vielerlei Hinsicht reicher und spannender”, so der Vollzeitprofessor und Designer. Dass er extrem vielseitig unterwegs ist, hat Nitzan Cohen sein bisheriges Leben lang bewiesen. Aufgewachsen im israelischen Kibbuz hätte er nicht im Traum gedacht, dass Design und das Designerdasein später Beruf und Berufung werden würde. Tontechniker war sein erstes Berufsziel – das er sich über “Learning by doing” angeeignet hatte, in seiner eigenen kleinen Firma betrieb und auch während seiner Militärzeit weiter ausübte. Diverse Handwerksberufe hatte er sich ebenfalls bereits im Kibbuz angeeignet.
Während dieser Zeit stellte er bei sich selbst ein “ausgeprägtes visuelles Gefühl, großes Interesse und eine enorme Neugier, zu verstehen wie Dinge funktionieren”, fest. Zunächst besuchte er dann Mal- und Zeichenkurse in der Abendschule – und fasste den Entschluss, Designer zu werden. In Israel wurde er abgelehnt – in den Niederlanden hingegen wurde er sofort bei den drei renommiertesten Hochschulen akzeptiert. Entschieden hat er sich seinerzeit für die Design Academy in Eindhoven. Eine Erfahrung, die nicht nur Nitzan Cohen als Designer geprägt hat, sondern bis heute in seine eigene Lehrtätigkeit nachwirkt. “Der Blick und die Bandbreite der Akademie ist extrem breit, in alle Richtungen offen, ohne Dogma. Auch das ständige Hinterfragen habe ich sehr geschätzt.”
Schon während des Studiums in Eindhoven absolvierte er ein erstes Praktikum in München beim heutigen Design-Superstar Konstantin Grcic, der damals auch noch nicht ganz so bekannt war. Clemens Weisshaar war gerade weg, Stefan Diez noch Grcic‘ Assistent – der Rest ist Geschichte: Sechs Jahre arbeitete Nitzan Cohen in Grcic‘ Studio. Wie seine Vorgänger erwies sich das Studio erneut als produktive Brutstätte für Designer, die sich im Nachgang selbst einen außerordentlich guten Namen machen konnten. Im übertragenen Sinn hat er hier natürlich auch in puncto seiner späteren Lehrtätigkeit wertvolle Erfahrungen gesammelt: “Verständnis für das Thema Design zu haben, ist das wichtigste. Wenn man über Designvermittlung und Didaktik spricht, stößt man zum Teil auf Leute, die das zwar gelernt, aber nicht verstandenhaben.” Nach der Gründung seines eigenen Studios 2007 in München konnte er so auch seinen eigenen Assistenten das Rüstzeug für die eigene Karriere mitgeben.
Bereits kurz nach Gründung seines Studios bekam er seinen ersten Lehrauftrag, damals an der Akademie in Stuttgart. Seine didaktischen Fähigkeiten hat Nitzan Cohen aus den eigenen Erfahrungen seiner Studienzeit entwickelt. So hatte er seinerzeit Hella Jongerius als Professorin, die sehr sauber und sorgfältig ihre Tätigkeit als Designerin von ihrer Lehrtätigkeit getrennt hat: “Sie zeigte uns ihre Arbeit nicht, weil sie nicht wollte, dass wir davon beeinflusst würden. Ich empfand das als eine Mischung aus sehr gesund, sehr nachvollziehbar und dennoch ein bisschen komisch.” Aber offensichtlich doch überzeugend, denn er agiert seinen Studierenden gegenüber ebenso. Seine Ansage: “Das hat jetzt nichts mit mir zu tun, lasst uns jetzt ein Projekt miteinander machen, danach ausgerichtet, wie Ihr das seht!” Weitere Kurse in Designmethodologie folgten, danach eine zweieinhalbjährige Professur in Saarbrücken. Von dort wurde er von der Freien Universität Bozen “quasi rausgescoutet”, also abgeworben.
“Eigentlich bin ich sehr treu, aber Bozen war ungeheuer spannend und reizvoll.” Was er an deutschen Kunsthochschulen als einerseits etwas zu frei, andererseits mit zu flexiblen Messlatten versehen ansieht, gefällt ihm in Bozen nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Studierenden in der Regel direkt aus der Schule an die Universität kommen.
“Den jungen Leuten nahezubringen, dass sie keinen starren Regeln und Benotungssystemen mehr folgen, sondern erstmal lernen müssen, mit der Freiheit, die das Fach Design in sich mitbringt, umzugehen.” Heißt: “Wenn man Jura oder Medizin studiert, reicht es in der Regel, Wissen anzuhäufen. Das funktioniert im Design nicht: Hier muss man immer wieder üben, sich selbst besser kennenlernen. Die Lehre ist wie ein Werkzeug, mit dem man etwas machen kann. Das erfordert sehr viel Arbeit, Reflektion und Erfahrung.”
Positiv schätzt Nitzan Cohen auch die internationale Atmosphäre der Universität: “Vorwiegend studieren hier Italiener, aber auch Deutsche, Österreicher und internationale Studenten.” Entsprechend wird in drei Sprachen, englisch, deutsch und italienisch, gelehrt. Die Lehre ist intensiv – zweieinhalb Tage pro Woche konzentrieren die Studierenden sich auf einen Kurs, von Nitzan Cohen in Produktdesign gemeinsam mit einem Spezialisten für Material- und Produktionstechniken beziehungsweise einem Theorieexperten geleitet. Pro Semester wird ein Projekt bearbeitet – für den Bachelor muss jeder Student jeweils zwei Projekte für Produkt- und Kommunikationsdesign bearbeitet haben.
Ganz neu gibt’s in Bozen seit Oktober vergangenen Jahres auch ein Masterprogramm – in Eco-Social-Design. EinNovum, das es vergleichbar noch nicht häufig gibt und das Nitzan Cohen “sehr spannend, wichtig und zeitgemäß” findet. Viele spannende Entwicklungen wurden nicht von Designern gestaltet – da sollte man sich fragen, warum. Ein Designer muss Fragen stellen können, die er dann mit seinen Designwerkzeugen beantworten kann.” Methoden, die nicht zuletzt durch den neuen Masterstudiengang erlernt werden können. Ein Thema, von dem Nitzan Cohen seine Studenten ebenso fern halten will, wie er seine eigenen Arbeiten nicht in die Lehre einbringt, ist das Thema Marketing. “Marketing muss Dinge verkaufen. Und was sich gut verkauft, ist zum Teil genau das Gegenteil von dem, was wir als Designer machen oder wollen.” Auch eine Form der Freiheit, die Nitzan Cohen in Eindhoven zu schätzen gelernt hat – und mit denen seine Absolventen sicherlich das Rüstzeug mitbekommen, ebenfalls an einer positiven Entwicklung der Welt, der Dinge und der Systeme mitzuwirken.

Nitzan Cohen

Nitzan Cohen
Nach seinem Studium an der Design Academy in Eindhoven und rund sechs Jahren Mitarbeit bei Konstantin Grcic Industrial Design, gründete Nitzan Cohen 2007 das gleichnamige Studio in München. In seinem Portfolio u. a. Möbel-, Industrie-, Ausstellungs- und Interior-Design sowie Unternehmens- und Kommunikationsberatung. Bekannt ist Nitzan Cohen vor allem für seine Kombination von Research-orientiertem Konzeptdesign mit der Fähigkeit, dieses in eine neue visuelle Sprache, in neue Objekte und Räume zu übertragen.

Freien Universität in Bozen
Product Design
Nitzan Cohen
Bachelorstudiengang:
Design und Künste
Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester
Abschluss: Bachelor of Arts (B. A.)
Dauer: 6 Semester Professoren: 13 hauptamtliche Professoren, 10 Forscher, sowie 22 Lehrbeauftragte
Der Bachelor ist in zwei Studienzweige unterteilt: der Studienzweig in Design ist interdisziplinär und kombiniert inhaltlich Kommunikations-, Produkt- und Servicedesign. Der Studienzweig in Kunst orientiert sich an den kulturellen Entwicklungen des 21. Jahrhunderts. Fotografie, Film und der Computer sind die Leitmedien.
Masterstudiengang:
Ökosoziales Design
Studienbeginn: jeweils zum Sommersemester
Abschluss: Master of Arts (M.A.)
Dauer: 4 Semester
Es geht um die Gestaltung ökosozialer Transformationen, mit einem Fokus auf lokale Veränderungen sowie deren Wechselwirkungen in globalen Zusammenhängen. Der Master zielt darauf ab, Designer auszubilden, die in der Lage sind, Entwurf, Kommunikation und Aspekte der Nachhaltigkeit miteinander zu verknüpfen.
Kontakt: www.unibz.it
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