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Samir Ayoub, Inhaber von Designfunktion über digitalisierte Prozesse und analoge Beratung. md-mag.com

Analoge Beratung behält Stellenwert
Samir Ayoub über digitalisierte Prozesse

Samir Ayoub, Chef der Planungs- und Einrichtungsgruppe Designfunktion, sieht ausreichend Potenzial für weiteres Wachstum. Er prognostiziert auch vermehrte digitalisierte Prozesse.

Herr Samir Ayoub, was haben Sie im letzten halben Jahr von Ihren Kunden gelernt?

Samir Ayoub: Einmal mehr, dass jede Büro- und Arbeitswelt die Kultur des jeweiligen Kunden ganz individuell abbilden muss. Es gibt keine Blaupause. In Zeiten, als Zellenbüros rechts und links vom Gang abgingen, war die Ähnlichkeit der Projekte viel ausgeprägter als heute. Die Diversität macht unsere Arbeit heute besonders spannend. Außerdem müssen wir uns verstärkt mit digitalisierten Prozessen auseinander setzen.

Und was konnten Ihre Kunden auf den ersten Stationen Ihrer Kongressreihe „Wirksame Büros“ an Erkenntnissen mitnehmen?

Aus zahlreichen persönlichen Gesprächen habe ich erfahren, dass Unternehmen zunehmend bewusst ist, dass das Büro einen Wertschöpfungsfaktor darstellt, der den Erfolg von Firmen wesentlich beeinflusst.

War das nicht immer so?

Sie haben völlig recht. Allerdings wird immer noch vielfach unterschätzt, welchen Einfluss die Gestaltung von Büros auf die Verbesserung von Kommunikation, die Unternehmenskultur und die Attraktivität als Arbeitgeber hat. Die Relevanz von Ergonomie und Gesundheitsschutz ist lange bekannt. Aber nun rücken auch die anderen Aspekte bei vielen Unternehmen zunehmend in den Fokus.

Sie nennen Ihre Kongressreihe „Wirksame Büros“. Bei „wirksam“ denken wir an das psychologische Konzept der Selbstwirksamkeit, mit dem Therapeuten psychische Probleme behandeln wollen. Woran leiden deutsche Büros?

Deutsche Büros folgen leider in ihrer Gestaltung vor allem funktionalen Gesichtspunkten oder alten Gewohnheiten. Dabei berücksichtigen sie weder die unterschiedlichen Arbeitsabläufe in Unternehmen noch die Anforderungen an eine moderne Arbeitswelt. So ist bei Projekten oft eine intensivere Interaktion unter Mitarbeitern nötig. Und je nachdem, ob man in Buchhaltung, Vertrieb oder Marketing arbeitet, ist es wichtig, Konzentration, Produktivität oder Kreativität zu fördern. Das können wirksame Büros leisten.

Was wäre eine Anforderung an die moderne Arbeitswelt?

Nehmen Sie das Thema Mobilität. Heute können und müssen wir an vielen Orten arbeiten. Arbeit findet nicht nur noch am klassischen Schreibtisch im Einzel- oder Großraumbüro statt. Doch oft fehlen die entsprechenden Räume, um sich in Projektgruppen auszutauschen oder für konzentriertes konzeptionelles Arbeiten. Um effizient arbeiten zu können, benötigt ein Unternehmen mehr als einen klassischen Schreibtisch für jeden Mitarbeiter. Dafür brauchen wir moderne und flexiblere Bürowelten.

Die Generation Z scheint andere Vorstellungen von Arbeit zu haben. Sie will klare Strukturen und den Nine-to-Five Job, weil sie das Versprechen von mehr Freiheit durch Technologie als Selbstausbeutung entlarvt hat. Was heißt das für einen Objekteinrichter? Kommt der nächste Paradigmenwechsel?

Wir reden über die Generation Z, als wäre sie bereits höchst relevant. Warten wir doch fünf Jahre ab, bis diese Generation eine Rolle auf dem Arbeitsmarkt spielt und sie dann ihre eigenen Vorstellungen einbringt. Die „kulturelle Synchronisation“ ist für uns nichts Neues, weil wir schon heute damit beschäftigt sind, mehrere Generationen im Büro abzubilden.

Experten sprechen heute von „säkularer Stagnation“ in den entwickelten Industriestaaten, weil das Wirtschaftswachstum immer geringer ausfällt. Kann man der „Säkularisierung“ nur entkommen, wenn man durch Übernahmen expandiert, wie Sie es taten?

Nein, wir wachsen ja nicht nur durch Übernahmen. Wir setzen auf quantitatives und vor allem auf qualitatives Wachstum, indem wir unser Leistungsportfolio erweitern, die Stärken der Standorte entwickeln und dem gesamten Netzwerk der Gruppe zur Verfügung stellen. Unsere Firmengeschichte zeigt das nachdrücklich. Seit wir Designfunktion 2009 übernahmen, konnten wir den Umsatz von 14 Millionen auf 106 Millionen Euro steigern. Wohl mehr als die Hälfte stammt aus organischem Wachstum.

Aber Übernahmen bleiben auf der Agenda?

Der Markt ist extrem fragmentiert, weshalb wir trotz geringen Wirtschaftswachstums gute Chancen sehen, uns weiterzuentwickeln. Übernahmen stellen dabei eine Möglichkeit dar. Im Kern wollen wir aber mit Leistung überzeugen. Das schließt digitalisierte Prozesse ein. Unsere Expertenteams bieten alles aus einer Hand — von der individuellen Beratung und Konzeption sowie spezifischer Akustik-, Textil- und Lichtplanung bis hin zur Möblierung, logistischen Abwicklung, Montage und zum weiterführendem Projektmanagement. Zudem bieten wir ein Markenspektrum der 100 international führenden Hersteller, das in der Einrichtung einen für die Branche ungewöhnlich großen Gestaltungsspielraum eröffnet.

Wird sich der Konzentrationsprozess in der Branche fortsetzen?

Eindeutig ja! In Zukunft wird es kleine, feine regionale Player geben und daneben auch große Unternehmen wie Designfunktion, die ganzheitlich und überregional tätig sind.

Sind die neuen Bundesländer eigentlich eine terra incognita für Sie oder wann eröffnen Sie Niederlassungen in Leipzig und Jena?

In Leipzig eröffnen wir noch dieses Jahr direkt gegenüber vom Hauptbahnhof in Kooperation mit Meiser Wohnen und Bulthaup. Die ersten Projekte und Planungsmandate haben wir bereits gewonnen.

Die Büroeinrichtungsbranche ist sehr volatil. Federt der Wohnbereich diese Ups an Downs ab?

Unser Standort in München hatte bereits 2009 bei der Übernahme einen Wohnbereich. Wir entschieden uns von Anfang an ganz bewusst, auf mehreren Ebenen unterwegs zu sein – an der Hälfte unserer Standorte haben wir Experten für die Gestaltung und Einrichtung von modernen Wohnwelten. Denn der Deutsche richtet sich seit jeher über das Einrichtungsunternehmen seines Vertrauens ein.

Der stationäre Handel klagt, dass er es nicht schaffen würde, Pakete zu versenden und Geld damit zu verdienen. Gelingt Designfunktion das denn mit 100 Marken und dem Shop auf der eigenen Homepage?

Unser Ziel ist es, mit dem Shop unseren Service noch weiter zu optimieren. Wir werden ihn zu einer professionellen Bestellplattform für unsere Stamm- und Großkunden entwickeln. Mit einem Kunden-Log-in können unsere Kunden dann ihre Bestellhistorie einsehen und schnell und einfach einen Drehstuhl oder Büroaccessoires nachbestellen. Den gleichen Service werden wir natürlich auch für unsere Privatkunden anbieten.

Der Handel durchlebt im Zuge der Digitalisierung eine fundamentale Transformation, die selbst die mit dem Aufkommen der Selbstbedienung einher gegangenen Veränderungen der Handelslandschaft in den Schatten zu stellen scheint. Wie sieht das beim Bürofachhandel aus?

Die Digitalisierung wird den Beschaffungs- und Bewirtschaftungsprozess von Büro- und Arbeitswelten optimieren. Diese Transformation in Richtung digitalisierte Prozesse wird unsere Branche stark verändern. Aber die Welt der Konzeption, der Gestaltung und des innenarchitektonischen Knowhows, das Wissen um Farbe und Materialkompositionen, die Fähigkeit, Kulturen in Räume zu übersetzen, das alles wird uns die Digitalisierung nicht abnehmen. Trotz digitalisierter Prozesse ist und bleibt die persönliche Beratung vor Ort unersetzbar und Kreativleistung ohnehin.

Samir Ayoub, vielen Dank für das Gespräch.

Interview Ulrich Texter

www.designfunktion.de

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