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Neues aus der Vergangenheit

Salone del Mobile 2018 und Design Week
Neues aus der Vergangenheit

Der vergangene Salone del Mobile 2018 zeigt, Besonnenheit und Konzentration scheinen das aktuelle Geschehen der Einrichtungsbranche zu bestimmen. Neuheiten werden weiterhin aus den Archiven geboren, doch die vermehrte Auseinandersetzung mit Materialien und Fertigungsmethoden setzt frische Impulse.

Autor Jörg Zimmermann

Neuheiten und Inspirationen sind das, was die Besucher des Salone del Mobile und der Design Week in Mailand erwarten. Enttäuscht wurden sie auch 2018 nicht. Neue Modelle und Produktvarianten bestimmten das Bild, die Beantwortung der Frage nach zukünftigen Lebens- und Wohnwelten wurde aber erneut vertagt. Weder bei den großen etablierten Marken, noch bei jungen Labels waren Antworten auf „Wie werden wir morgen leben?“ zu finden. Vielleicht genügt es einfach, es heute schon zu tun.

Neuheiten öfter mal aus der Vergangenheit

An Optionen zur Einrichtung einer individuellen Wohnumgebung fehlt es sicher nicht. Eher gilt es mit der schon vorhandenen Formenvielfalt und dem Variantenreichtum geschickt umzugehen. Kombinationen zu finden, die ein individuell stimmiges Bild ergeben. Ein Anspruch und Vorgehen, das sich glücklicherweise wieder bei mehr Unternehmen beobachten lassen. Das Portfolio wird nicht mit beliebigen Neuheiten aktuell angesagter Designer aufgebläht, sondern passend zum bestehenden Angebot ergänzt. So ist es nicht selten, dass Neuheiten öfter mal aus der Vergangenheit kommen.

Abgestimmter Mix aus historischen und aktuellen Entwürfen

Beispielsweise bei Cassina, das mit dem aus Schichtholz „gefalteten“ Sessel Taliesin 1 perfekt den heutigen Zeitgeist trifft. Dabei datiert der Entwurf von Frank Lloyd Wright bereits aus dem Jahr 1949 und wird nun in einer limitierten Edition (450 Stück) aufgelegt. Ebenfalls strengen Konstruktionsprinzipien folgt die aktuelle Cotone-Kollektion, die Erwan und Ronan Bouroullec um den filigran wirkenden Cotone Legno erweitert haben. Ein abgestimmter Mix aus historischen und aktuellen Entwürfen formt so ein verständliches Markenbild. Doch Vorsicht: Bei aller Begeisterung für Neuauflagen früherer Entwürfe darf nicht vergessen werden, dass mit dem Fischen in der Archiven der Wunsch nach Innovation nicht erfüllt werden kann.

Grcic entzieht sich eindeutiger Zuordnung

Ein Weiterdenken von Bestehendem könnte da ein Weg sein. Für Magis hat Konstantin Grcic einfache, aber robuste und bewährte Metallschränke durch die Addition von Griffleisten und Sockeln aus Holz visuell neu justiert. Es entsteht ein Möbelkategorie, die nicht neu ist, aber sich einer eindeutigen Zuordnung entzieht. Schränke, die sicher in einem modernen Arbeitsumfeld funktionieren, aber auch in einer stilistisch strengen Wohnung ihren Platz finden könnten.

Wieder- und Neuentdeckung von Vorhandenem

Kaum überraschend ist, dass die Materialität der Produkte noch weiter in den Vordergrund rücken. Nachhaltigkeit bei der Gewinnung der Rohstoffe und ökologisch korrekte Fertigung sind längst keine Randthemen mehr und im Bewußtsein vieler Kunden fest verankert. Dieses Interesse führt über die veränderte Materialität zu einer veränderten Optik, vielfach auch zur Wieder- und Neuentdeckung von Vorhandenem. Aus diesem Kontext heraus wird verständlich, warum kleine skandinavische Unternehmen, die bisher nur heimische Kunden bedient haben, gerade jetzt auf den europäischen und den internationalen Markt streben – und Aufmerksamkeit und Nachfrage erhalten. Beispiel Nikari: Das finnische Unternehmen verarbeitet hervorragende Holzqualitäten in traditioneller Weise, schafft aber durch die Zusammenarbeit mit zeitgenössischen Designern wie Cecilie Manz und Claesson Koivisto Rune den Anschluss an aktuelle Formensprachen.

Dynamik im Markt kommt von kleinen Labels

Als „neue Lifestyle-Marke“ versteht sich Northern, die „nordischen Spirit mit globalem Style“ verbinden will. Mit dem ersten Auftritt auf internationalem Parkett (leider etwas versteckt in der Zona Tortona) trafen die Norweger aus dem Umfeld der Leuchtenfirma Northern Lighting den Zeitgeist recht genau. Überhaupt scheint die Dynamik im Markt von kleinen Labels und Neugründungen auszugehen, die Branchendickschiffe manövrieren hinterher.

Experimentieren mit Fertigungsmethoden

Auch beim Kunststoffspezialisten Plank sind die Auseinandersetzung mit dem Material und das Experimentieren mit Fertigungsmethoden das Fundament für beachtliche Neuheiten. Konstantin Grcic nutzt für die Sitzschale von Cup dünne thermogeformte Kunststofffolien, die sonst bei der Produktion von Leichtschalenkoffern zum Einsatz kommen. Beim schwungvollen Monobloc Land von Naoto Fukasawa wird der Outdoor-taugliche Kunststoff im bewährten Rotationsverfahren verarbeitet.

Kartell geht Symbiose aus Holz und Kunststoff ein

Mit der Stuhlserie Woody führt Kartell eine überraschende Symbiose aus Holz und Kunststoff ein, an der Kartell-Chef Claudio Luti nach eigenem Bekunden mit Philipp Starck schon seit einigen Jahren tüftelt. Das Gefüge aus stark geformten Holzplatten und einem Kunststoffgestell zeigt einen eigenwilligen Charakter. Mit eigener Ästhetik, aber auch einer Verbindung zu Bekanntem präsentiert sich der Aërias Chair von ClassiCon. Tilla Goldberg (Ippolito Fleitz Group) hat das vertraute Muster des Wiener Geflechts mit verändertem Maßstab und Leder als Flechtmaterial neu interpretiert. Bemerkenswertes entsteht heute offenbar dann, wenn Bestehendes neu gedacht und gleichermaßen mit Gefühl und Verstand fortgeschrieben wird.

Wichtigste Antriebskraft: mediale Verwertbarkeit

Stillstand war in Mailand hingegen bei den meisten Inszenierungen zu beobachten. Wichtigste Antriebskraft der Stand- und Ausstellungsarchitekten scheint weiterhin die mediale Verwertbarkeit fotografierter Ausstellungsansichten zu sein. So sind beispielsweise die Präsentationen des Interiordesignbüros Dimore ästhetisch hervorragend und wunderbar anzusehen, doch konzeptionelle Zusammenhänge erschloßen sich den flanierenden Besuchern kaum. Ähnliches war in La Pelota zu beobachten, wo Vitra nach Zusammenhängen und Kategorien der eigenen Produkte forschte. Doch auch von der erhöhten Aussichtsplattform blieben die Betrachter ratlos, erst das intensive Eintauchen in das Ausstellungskonzept von Robert Stadler machte die Inszenierung inhaltlich verständlich. Wohlmöglich zu viel Anspruch in der bewegten Umgebung des Fuori Salone.

Ausstellung U-Joints jenseits der üblichen Trampelpfade

Überraschend schlüssig im Konzept und ein echtes Highlight war hingegen die Ausstellung U-Joints, in der international renommierte Designer unterschiedlichste Verbindungstechniken – vom einfachen Gummiband bis zur komplizierten japanischen Holzverbindung – aus ihren persönlichen Archiven präsentierten. Eine perfekt inszenierten Ausstellung – leider, oder vielleicht auch zum Glück jenseits der üblichen Trampelpfade gelegen.

Den Salone-Review Teil I finden Sie hier


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