Anfang des Monats Februar tummeln sich jährlich circa 40 000 Besucher auf dem Messegelände vor den Toren Stockholms. Dieses Jahr stehen die Hallen jedoch leer. Ein herber Schlag für die schwedische Möbelbranche in der rund 53 000 Menschen tätig sind.
Um diese zumindest teilweise aufzufangen, bietet das diesjährige Konzept der Stockholm Furniture Fair 2021 zwei Plattformen an, auf denen sich Hersteller und Besucher begegnen können: digital im Internet und analog in der Innenstadt.
City Edition: Stadtansichten
Mit der City Edition, bietet der Veranstalter Stockholmsmässan dem anwesenden Fachpublikum die Möglichkeit mit vorheriger Anmeldung, Showrooms, Ausstellungen und Events in der Innenstadt Stockholms zu besuchen.
Der schwedische Möbelhersteller Blå Station etwa, präsentiert in seinem Ausstellungsraum ein neues farbenfrohes Sitzmöbel des australischen Designers Adam Goodrum. Er konzipierte die Lehne von ‚Big Talk‘ in Form eines Halbkreises, so lassen sich mehrere Sessel in bunten Schlangenlinien aneinanderreihen.
Hybridschau
Das Sitzmöbel ist auch Teil der Hybridschau Inside Swedish Design. Hier können Besucher viele Neuheiten etablierter Marken direkt neben Produkten junger Talente betrachten. Und dies sowohl vor Ort, als auch im virtuellen Raum.
Lammhults, stellt dort das von Peter Andersson entworfene Sitzmöbel ‚Corso‘ vor. Es formt sich aus einem Zusammenspiel von rund gebogenem Stahlrohr und dünnen, gespannten Polstern.
Allerdings bleibt dem Online-Betrachter das Probesitzen und die sensorische Erfahrung verwehrt. Die Räume wirken leblos und der menschliche Kontakt fehlt. Dennoch eröffnet sich ein Raum und die Möglichkeit sich darin zu bewegen und einiges zu entdecken. Der Cursor blinkt auf und Pfeile indizieren wo es lang geht.
Nicht weit entfernt, unauffällig in Naturfarben gehalten, hängen Akustik-Paneele der Firma Baux an einer Wand. ‚Acoustic Pulp‘ besteht aus 100% natürlichen Rohstoffen und ist zudem biologisch abbaubar.
Schaufensterbummel
Das Design hierzu stammt aus der Feder des Kreativbüros Form us with Love, das selbst an anderer Stelle der Stadt, eine reine Schaufensterinstallation mit dem Namen „Problems“ konzipierte. Die Fensterfront verleiht der Ausstellung einen musealen Charakter. Hier listen die Gestalter fünf aktuell drängende Probleme auf, „die Design lösen kann“, so Jonas Petterson von Form us with Love.
Zum Beispiel, dass Thema Nummer fünf: Schallabsorbierende Produkte werden meist mit Chemikalien behandelt, die der Umwelt schaden. Hierfür haben sie mit ‚Acoustic Pulp‘ bereits eine Lösung.
Zeitgenössische Designerinnen
Ebenfalls von außen einsehbar, ist die Ausstellung Misschiefs Take over. In einer ehemaligen Wäscherei stellt Paola Bjäringer, Gründerin der Kreativplattform Misschiefs, im Rahmen der Stockholm Furniture Fair 2021 Arbeiten von acht zeitgenössischen Designerinnen aus.
Unter ihnen Monika Förster, die Ihren neuen Hocker ‚Unity Stool‘ für die bosnische Firma Zanat zur Schau stellt. Dieser ist jedoch ausschließlich virtuellen Besuchern und denen mit Anmeldung vorbehalten, da er sich hinter einer Trennwand befindet. Da hilft kein Naseplattdrücken an der Fensterfront.
Der treibende Nachwuchs
Die letzten Jahre füllten junge Talente eine große Fläche auf der Stockholmer Messe mit ihren Arbeiten, das sogenannte Greenhouse, ein Angebot für Designhochschulen und Startups. Dieses Jahr begegnet der Designinteressierte ihnen via online Portfolios, die das ganze Jahr rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Zusätzlich präsentieren sie ihre Designs an unterschiedlichen Orten der Metropole.
Junges Design
Gleich drei Gestaltungshochschulen verbündeten sich und zeigen in einem ellipsenförmigen Ausstellungsraum mitten in der Stadt ihre Abschlussarbeiten. Eine weitere Veranstaltung für junges Design ist Ung Svensk Form. Hier zeigt Mirjam Hemström unter fünfundzwanzig anderen Newcomern ihr Textilprojekt ‚The Metamorphosis of Weaving‘ (Die Metamorphose des Webens).
Der Blick von außen
Neue Perspektiven eröffnen sich, wenn sich Dinge von ihrer gewohnten Umgebung lösen. Statt den stark inszenierten, oft behäbig wirkenden Messeständen, in denen sich sonst die Neuheiten dicht an dicht zwischen einem herumwuselnden Publikum präsentieren, wirkt diese Ausgabe wie ein erfrischender und entschleunigter Mix aus Herstellern und Designern.
Und dies in einem freien Zusammenschluss, statt in einem fixen Rahmen. Das lässt Raum für noch mehr Neues. Hoffentlich ohne Pandemie und wieder zum Anfassen. Bei der Stockholm Furniture Fair 2022.
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