Das Gelände der Möbelmesse Stockholm liegt nur wenige Kilometer außerhalb der Hauptstadt des Königreichs Schweden und lockt jährlich circa 40 000 Besucher, um die Neuheiten aus dem nationalen sowie internationalen Fachhandel zu begutachten.
Sanfter Einstieg in den Messetrubel
Zum siebzigsten Geburtstag der Möbelmesse Stockholm Furniture & Light Fair hat die Messeleitung ein neues, unkompliziertes Hallenkonzept erarbeitet.
Die meisten namhaften Firmen stellen in den großen Hallen A und C aus. In der Halle B finden die Gäste kleinere Unternehmen mit Produkten im Bereich Heiminterieur und Leuchten. Doch bereits in der Vorhalle, präsentiert sich der diesjährige Ehrengast der Messe mit einer Sonderausstellung: das Londoner Designstudio Doshi Levien.
Zu diesem Zweck entwarf das Design Duo ein aus vier länglichen Räumen bestehendes Holzkonstrukt. Die Eingänge sind mit langen, fließenden Stoffbahnen der dänischen Firma Kvadrat verdeckt. Neben einigen bekannten Möbeln und Leuchten des Duos, umfasst die Schau übersichtlich, erste Skizzen sowie Prototypen. Ein sanfter Einstieg in den aufgeregten Messetrubel.
Farbeinsatz für mehr Sichtbarkeit
In einer Zeit sich selbstüberholender Innovationen, ist Auffallen alles. Da geht es nicht mehr nur um Neuheiten, sondern um Konzepte.
Der italienische Möbelproduzent Magis, stellt seine innovativen Produkte aus. Magis möchte mit seinem Messestand in Rot, Gelb, Blau und Schwarz seine designgeschichtliche Bedeutung bunt unterstreichen.
Mit sich selbst verordneter Punk-Attitüde präsentiert der schwedischen Hersteller Fogia sein neues Möbelprogramm in knalligen Farben.
Vergleichsweise dezent in Schwarz oder Weiß, zeigt sich die deutsch-finnische Firma Artek. Stand-dominierendes Element, ist das Seil, an dem obendrein der Entwurf von Ronan und Erwan Bouroullec baumelt, der „Rope Chair“. Die Pariser Designer führen dicke Stricke aus Polyester oder Flachs durch Metallrohre. Dabei entstehen sowohl Rücken- als auch Armlehnen. Ein schönes Zusammenspiel aus starrem und flexiblem Material. Zugegeben, kein Stuhl für stundenlanges Sitzen, aber komfortabler, als der erste Eindruck scheint.
Quo vadis Möbelmesse Stockholm?
Kurzer Ortswechsel. Parallel zur Möbelmesse Stockholm findet die Stockholm Design Week mit weiteren Programmpunkten statt.
Luis De Oliveira, Gründer der portugiesischen Möbelfirma de la Espada, ist einer davon. Er lädt in die Innenstadt zum Gespräch ein. Mit ruhiger Stimme erläutert er seinen Standpunkt zum Thema Messe. Das Format sei überholt. Er habe selbst mehrere Jahre ausgestellt und beobachtet, wie in kürzester Zeit immense Müllberge wachsen. Nur wenige Firmen achten auf Nachhaltigkeit, dies müsse sich ändern, mahnt der Designer.
Ansätze hierfür gibt es bereits. Doshi Levien hat im Voraus gut geplant: „Das Holz unserer Ausstellung kommt aus regionalem Anbau. Wir achten darauf, dass alle Materialien nach der Messe weiter verwendet werden.“
Wie steht es um den Fortschritt bei etablierten Firmen? Und was ist ihr Beitrag zur Kreislaufwirtschaft?
Messematerial recyceln
Der schwedische Bodenbelaghersteller Bolon lässt seine Produkte ebenfalls vom Stand samt Messeboden zurück in die Zentrale liefern, um sie dort zu recyceln. Das Unternehmen setzt dieses Jahr auf Langlebiges sowie Bewährtes. Auch das ist nachhaltig.
Der Begriff Circular Economy ist in aller Munde. Die Aussteller der diesjährigen Messe zeigen unterschiedliche Lösungsansätzen im Wettbewerb zum Thema Nachhaltigkeit.
Es bleibt spannend, welche Maßnahmen die einzelnen Firmen im Kleinen hierzu entwickeln und wie sich das im Großen auf die Möbelindustrie sowie das Format Messe auswirken wird.
Möbelmesse Stockholm: zukunftsorientiert
In Halle C befindet sich das „Greenhouse“, dessen Ausstellungsarchitekur das Kopenhagener Design- und Kunststudio Wang und Söderström verantwortet. Dieser Bereich ist sowohl Hochschulen als auch jungen Designbüros vorbehalten. Die Möbelmesse Stockholm bietet ihnen die Möglichkeit erste Geschäftskontakte zu knüpfen sowie Interessierte zu einem Dialog einzuladen.
Die Studenten der schwedischen Linnaeus Universität, nutzen diese Chance mit einem einzigen Produkt: Ein Dreibein aus Holz. Ein Hilfsmittel für Protestbewegungen, das sich leicht transportieren und aufstellen lässt.
Eine Studentin hat sich mithilfe von Gurt samt Seil in luftige Höhen gezogen und blickt herab auf das Messegeschehen. Ein Student stellt provokative Fragen, wie etwa „Während die Welt dort draußen brennt, welchen Sinn macht es noch Möbel herzustellen?“.
Obgleich sich nicht alle Studenten sowie Start-ups so deutlich für eine kritische Betrachtung der aktuellen Weltsituation einsetzen, präsentiert sich die Mehrheit der Nachwuchsdesigner auf der Möbelmesse Stockholm dennoch nachdenklich und bietet innovative Lösungsansätze, vor allem für neue Materialien, Herstellungs- und Recyclingmethoden.
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