In die Zukunft blicken ist schwer genug. Umso mehr, wenn die Corona-Pandemie das Leben aller auf den Kopf stellt: Als „Rewritten Path for the Planet, People and Products“, bezeichnet Anja Bisgaard Gaede der dänischen Trendagentur Spott die Umbrüche.
Corona beeinflusst Ästhetik
So ist es nicht weiter verwunderlich, dass die fürs Jahr 2020 ausgegebenen – und bei ihrer Veröffentlichung absolut zeitgemäßen – Heimtextil-Interiortrends heute zum Teil überholt sind.
„Maximum Glam“ oder „Urban Active“ scheinen wie ein Nachruf auf die Welt vor Corona, in der Opulenz lustvoll aus Wohlstand geboren war und Städter weder Abstand halten noch Maske tragen mussten.
Trendanalyse auf Distanz
Auch die Arbeit des Trendpanels war von dem Lockdown unmittelbar betroffen. Spott ging während des Corona-Lockdowns mit dem Stijlinstitut Amsterdam unter Leitung von Anne Marie Commandeur und dem Londoner Trendbüro FranklinTill ans Werk. Calls mussten die früher etablierten persönlichen Treffen ersetzen. Zu Ergebnissen kam man trotzdem.
Trend 1: Repurpose
Kuration statt Kreation prägt den Heimtextil Trend Repurpose. Vintage-Textilien werden neu gesampelt und kombiniert. Als Abwehrreaktion auf die unsicheren Zeiten flüchtet man ins Vertraute, Romantik ist willkommen.
Oberflächen: Alles, was bekannt ist: Von Häkelarbeiten über synthetische Fasern zu schwerem Baumwollstoff und Leinen.
Farben: Naturfarben wie gedecktes Grün, Braun und Khaki
Kontrastfarben: Rosa, Navi, Gelb
Muster: Collagen, gern auch florale Prints
Trend 2: Rewild
Der zweite Interiortrend führt einerseits zurück zur Natur, andererseits animiert er, aus ihr Neues zu schaffen – etwa mit experimentellen Materialien. In der Farbpalette finden sich gedeckte Naturtöne, die camouflageartig ineinander übergehen, statt wie „Repurpose“ in Collagen nebeneinander zu stehen.
Oberflächen: Naturfasern, wie etwa Wollgewebe, Jute, Flachs und Leinen, aber auch experimentelle Textilien, etwa aus Nahrungsmittelresten
Farben: Grün- und Brauntöne
Kontrastfarben: Warmes Orange
Muster: Sanfte Farbübergänge
Trend 3: Reinforce
Der dritte Interiortrend 2021 beschwört langlebige Materialien und zeitlose Optik. Die monochrome Farbpalette, die wahlweise in Buttercremetönen oder Anthrazit changiert, erinnert an die Trends von 2019, damals genannt „Seek Sanctuary“. Eine naheliegende Reaktion auf ungewisse Zeiten. Interessanterweise betont das Trendcouncil insbesondere die Relevanz dieses Trends für das Gastgewerbe.
Oberflächen: Bouclé, Leder, Seide, dreidimensionale Strukturen
Farben: Gebrochenes Weiß oder Grautöne
Kontrastfarben: /
Muster: /
Trend 4: Revive
Der vierte Trend beschwört eine jugendliche Freude am Prozess und Experiment. Wo Corona zum Verlassen bewährter Wege zwinge, entstehe Kreativität. Reparatur wird zum Stilelement; das Unfertige zum Statement.
Oberflächen: Papier, Bänder, Schaum, synthetische Materialien
Farben: Bewusst unabgestimmt: verblasstes Grün, Rosa und Rot, klares Gelb, tiefes Burgundbraun und Blaugrün
Kontrastfarben: Sind Teil der Farbpalette
Muster: Entstehen als Spur des Prozesses
Trend Space und Future Material Library
Während der Pressekonferenz blieb die Hoffnung, dass die Heimtextil wie gewohnt im Januar stattfinden kann, wenn auch mit einem Paket an Sicherungsmaßnahmen. So sollen sich Wege durch den „Trend Space“ in drei Dimensionen erstrecken, erstmals soll man im wahrsten Sinne des Wortes die Interiortrends „überblicken“ können. Spott und Modus A/S verantworten die Inszenierung. FranklinTill wird wiederum mit der „Future Material Library“ neuartige Textilien vorstellen; besonderer Fokus liegt auf umweltfreundlichen Innovationen.
Neuer Heimtextil-Termin im Mai
Während der Pressekonferenz beschwor Olaf Schmidt, Vice President Textiles & Technologies der Messe Frankfurt, die Handelsplattform Heimtextil: „Wir hören von einem Großteil unserer Aussteller, dass die Heimtextil eine Messe ist, nach der sie sich sehnen. Durch die Corona-Pandemie sind sämtliche anderen Plattformen weggebrochen; nun sehen die Firmen die Heimtextil als Möglichkeit, neu zu starten.“
Da die Messe Frankfurt auch in China und Dubai tätig sei, habe sie Gelegenheit, Sicherheitskonzepte in der Praxis zu erproben und zu verfeinern. 1.200 Aussteller aus 50 Ländern haben ihre Teilnahme bestätigt.
Am selben Tag gab jedoch die Hannover Messe bekannt, die Domotex von Januar auf Mai zu verschieben. Nun zieht Frankfurt gleich: Im Frühjahr werden Messen allenfalls digital stattfinden. Für die Heimtextil selbst werden sich vom 4. bis 7. Mai erstmals wieder die Tore des Messegeländes öffnen.
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