Es darf gern etwas mehr sein. So stellen sich chinesische Verbraucher Luxus vor. md-Korrespondent Jamy Yang berichtet aus Shanghai
Chinas rasant wachsende Mittelschicht weckt Begehrlichkeiten. 100 Millionen potenzielle Premiumkonsumenten prognostizieren die Marktforscher von AC Nielsen bis 2015. Dann soll China der größte und am schnellsten wachsende Markt für Luxusgüter sein. Die Expo in Shanghai wurde als gigantisches Schaufenster der internationalen Marken wahrgenommen.
Kein Wunder also, dass diese jetzt herausfinden wollen, wie die chinesischen Verbraucher ticken – oder anders ausgedrückt, was Chinesen unter Luxus verstehen. Welchen Einfluss hat das auf das Produktdesign?
Im alten China betrachtete man nicht vieles als Luxus. Der größte Luxus war “Gongpin” – wörtlich “das königliche Geschenk aus den Provinzen oder aus fremden Ländern”. Zu den typischen Gongpin gehörten kostbare handgefertigte Objekte aus Jade und Keramik oder besondere Lebensmittel und Getränke wie Tee und Wein.
Eine Tradition, aus der sich ein Kulturphänomen entwickelt hat: die Leidenschaft für große Bankette, allen voran die Hochzeitsfeierlichkeiten. Sie sind Feste der Superlative. Wer bietet das teuerste Essen, wer das beste Hotel? Der Korso der Luxuslimousinen, der dem frisch getrauten Paar folgt, kann landauf landab nicht lang genug sein.
Ich habe den Eindruck, dass chinesische Verbraucher immer etwas mehr erwarten, auch bei Luxuswaren. Im Allgemeinen ist ihnen Quantität wichtiger als Qualität und so suchen sie auch beim Produktdesign den offensichtlichen “Mehrwert”.
Lassen Sie mich das an einem Projekt erklären, das ich derzeit mit Joyoung, dem größten Hausgerätehersteller, entwickle. Das Design der Joyoung-Produkte — kräftige Farben auf Silber und florales Dekor — zielt ausschließlich auf den chinesischen Markt ab.
Die Emtec-Geräte hingegen, die wir für den europäischen Markt gestaltet haben, sind eher schlicht, ohne Dekor und haben eine zurückhaltende Farbgebung.
Und Joyoung ist keine Ausnahme: Auch der üppig dekorierte Kühlschrank von LG wird in China dem minimalistischen von Bosch vorgezogen. Die Chinesen brauchen diesen “offensichtlichen” Mehrwert vermutlich, weil sie damit ihren Status darstellen. Andersen Wu von LVMH China hat einmal behauptet, die Chinesen seien der Meinung, es sei sinnlos, Markenware zu kaufen und zu benutzen, die kein Mensch erkennt.
Es stimmt auch, dass kein Chinese ein Auto kaufen wird, dem man nicht ansieht, wie teuer es ist. In Deutschland sind auf den Karosserien keine Angaben über den Hubraum zu finden, beispielsweise 2.4 l. In China hingegen muss dieser Hinweis speziell gestaltet und an der prominentesten Stelle angebracht werden. Deshalb ist auch der ‚A6 L‘ in China so erfolgreich. Das “L” bedeutet, dass es sich um die Langversion handelt, die gezielt für chinesische Verbraucher entwickelt wurde, die für den gleichen Preis mehr verlangen.
Kleine Details spielen also eine große Rolle. Das sollten nicht nur chinesische Produktdesigner bei ihrer Arbeit für den größten Luxusmarkt der Zukunft beachten.
md-Korrespondent Jamy Yang berichtet aus Shanghai
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