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Chitin als Alternative für Verpackungsmaterialien

Chitin als Alternative für Verpackungsmaterialien
Biologischer Kreislauf

Auf dem Weg in die Circular-Economy der Zukunft werden Abfälle der Lebensmittelindustrie wie Chitin als Ressource verstanden. Designer nehmen dabei eine Vorreiterrolle in der Entwicklung ein.

Durch die Entwicklung einer umweltverträglichen Methode zur Gewinnung von Chitin rückt dieser Stoff in den Fokus vieler Überlegungen.

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Foto:© Haute Innovation

Biologisch abbaubares Chitin

Chitin ist nicht nur Hauptbestandteil des Exoskeletts von Insekten, sondern kommt auch in Panzern von Garnelen und anderen marinen Krustentieren vor.

Pilze enthalten neben Stärkemolekülen ebenfalls biologisch abbaubares Chitin. Es weist eine ähnliche kettenförmige molekulare Struktur auf wie zum Beispiel Zellulose. Naturpolymere wie Zellulose und Lignin werden als Stabilisatoren für neue Materialentwicklungen geschätzt.

Natürliche Fermentation

Das Team um Prof. William Chen an der Nanyang Technological University Singapore, hat jüngst eine umweltverträgliche Methode zur Gewinnung von Chitin aus Panzern von Krustentieren mittels natürlicher Fermentation vorgestellt.

Bislang wurde es in einem aufwendigen und kostenintensiven Demineralisierungsprozess unter Einsatz von Chemikalien gewonnen. Die Forscher aus Singapur verwenden hingegen Reststoffe der Lebensmittelindustrie als Basis für einen Gärprozess, um das Chitin zu gewinnen.

In Fruchtschalen, Schnittresten und Kernen ist noch genügend Zucker enthalten, um in einem biochemischen Prozess Chitin aus den Garnelenschalen auszulösen.

Problemlose Abwässer

Ist der Prozess abgeschlossen, werden die Gärreste abgeschöpft und kompostiert. Auch die Flüssigkeit, die während des Fermentierens entsteht, kann problemlos in die Industrieabwässer eingeleitet werden.

Die extrahierten Rohchitinproben überzeugen durch eine bemerkenswert gute Qualität. Mit der Röntgenbeugungstechnik kann der Reinheitsgrad des Chitins mithilfe eines „Kristallindex“ bestimmt werden.

Dieser liegt mit 98,16 % bei dem natürlich gewonnen Rohchitin deutlich höher als die bislang ermittelten Werte von 87,56 % bei der chemischen Methode.

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Foto: Tômtex / Uyen Tran

Plastikfreies Flächenmaterial

Der vietnamesische Designer Uyen Tran kombiniert das Chitin mit Kaffeesatz, um ein Flächenmaterial namens ‚Tômtex‘ herzustellen. Dabei gibt das Wort „Tôm“, das in der vietnamesischen Sprache „Garnele“ bedeutet, einen Hinweis auf die wichtigste Komponente des biologisch abbaubaren Flächenmaterials.

Das Chitin, hier in flüssiger Form, vermischt der Designer nicht nur mit Kaffeesatz, sondern auch mit natürlichen Pigmenten wie zum Beispiel Holzkohle, um eine große Farbvielfalt anzubieten.

Der flüssige Brei wird im Anschluss in vorgefertigte Formen mit unterschiedlich strukturierten Oberflächen gegossen und bei Raumtemperatur über mindestens zwei Tage getrocknet. Je nach Struktur wird eine Ton- oder 3D-gedruckte Form verwendet.

Besondere Weiterverarbeitungstechniken

Die Mischung kann je nach Anwendungsszenario für Kleidung oder Verpackung oder besondere Weiterverarbeitungstechniken wie beispielsweise maschinelles Nähen angepasst werden.

Wird das Material zudem mit Wachsen versiegelt, weist die Oberfläche wasserabweisende Eigenschaften auf. Nach Angaben des in New York lebenden Designers kann Tômtex nach Erreichen seiner Lebensdauer entweder recycelt oder innerhalb weniger Monate kompostiert werden.

Shellworks setzt auf Chitin

Vier junge Designer des Royal College of Art London und des Imperial College zeigen mit ihrem Projekt ‚Shellworks‘, wie man aus gesammelten Garnelen- und Hummerschalen aus Restaurants in London biologisch abbaubares und recyclingfähiges Bioplastik herstellen kann.

Mit Essig lösen sie den Kalkanteil der Krebstierpanzer aus und verändern das Chitin auf diese Weise in sogenanntes Chitosan.

Unterschiedliche Herstellungsszenarien

In unterschiedlichen Herstellungsszenarien und mit eigens entwickelten Apparaturen veranschaulichen Ed Jones, Insiya Jafferjee, Amir Afshar und Andrew Edwards die gel- und filmbildende Eigenschaft des Stoffs.

So können sie zum Beispiel dünnes Folienmaterial herstellen, es verkleben und mithilfe von Vakuum in beliebige Formen tiefziehen.

Flächenmaterial
Foto: © Shellworks

Dreidimensionale Formen

Auch dreidimensionale Formen wie etwa Becher und Schalen sind mit einer Eintauchvorrichtung in das Chitosan möglich. Je öfter die vordefinierte Form eingetaucht wird, desto dicker die gewünschte Materialstärke.

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Diana Drewes

Die Autorin

ist Materialexpertin und Trendscout bei der Zukunftsagentur Haute Innovation in Berlin. Sie ist Co-Autorin des jüngst erschienenen Fachbuchs „Materials in Progress – Innovationen für Architektur und Design“.

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