Firmen im Artikel
Digitale Workflows und virtuelle Renderings sind aus Architektur und Planungswesen nicht mehr wegzudenken. Mit Mixed und Augmented Reality (AR) ergeben sich neue Visualisierungsmöglichkeiten für Innenarchitekten für Vertrieb, Planung und Durchführung. Sie können sich eine virtuelle Möbelshow zunutze machen.
Grundlage dafür liefern die digitalen 3D-Gebäudemodelle des Building Information Modelings (BIM) sowie die 3D-Modelle von Möbeln und anderen Einrichtungsgegenständen.
Diese Daten können nach einer Reduktion mit der heute verfügbaren Mobiltechnik flüssig dreidimensional gerendert werden. Darüber hinaus lassen sich die Daten nun perspektivisch korrekt in den umgebenden Raum integrieren, sodass man seinen Blickwinkel darauf frei wählen und sogar um Objekte herumlaufen kann.
Solche Ansätze und Techniken in der Forschung sind seit Jahrzehnten bekannt, doch inzwischen gibt es die dazu passenden Geräte wie Smartphones, Tablets und Smart Glasses auf dem Massenmarkt. Sie sind erschwinglich geworden.
Die Visualisierung braucht auch keine Papiermarken mehr, wie man sie noch von früheren Augmented Reality Lösungen im Vertrieb kennt, zum Beispiel beim IKEA-Katalog oder dem Philips TV Buying Guide.
Erste Vorboten der neuen Möglichkeiten zeigten sich vor zwei Jahren mit Pokémon Go, dem ortsbasierten Augmented Reality Spiel für Smartphones mittels GPS, über das damals jeder sprach. Die Technik ist erwachsen geworden und auch in Innenräumen einsetzbar.
Der Abteilung Mixed and Augmented Reality Solutions am Fraunhofer FIT bot sich bei der Renovierung der eigenen Büroetage die einmalige Chance, diese Techniken praxisnah zu testen.
Büromöbel als 3D-Daten
Erleichternd kam hinzu, dass sämtliche Gebäudedaten der Liegenschaften dreidimensional vorlagen. Nach der Planung mehrerer Arbeitsplätze und eines multifunktionalen Mittelraums durch den Büromöbelhersteller Vario konnten die verwendeten Büromöbel ebenfalls als 3D-Daten dargestellt werden. Eine virtuelle Möbelshow also. Im Rahmen einer Studie verglichen die Forscher zwei typische Geräte unterschiedlicher Kategorien miteinander – die Microsoft HoloLens als Vertreterin der Oberklasse Smart Glasses und das Google Tango als Vertreter eines leistungsfähigen Tablets. Beide Geräte bieten die Positionierung mittels 3D-Erfassung der Umgebung, sodass sich virtuelle Objekte passgenau einblenden lassen.
Dabei spielten 16 Probanden in Zweierteams in einem Planungsszenario für Inneneinrichtungen verschiedene Situationen durch. In einem Verkaufsszenario sollte eine Testperson der anderen verschiedene Möbel vor Ort in AR präsentieren, woraufhin diese sich für ein Möbelstück entscheiden sollte. In einem anderen Test sollte etwas an der Wand montiert und die Position mittels AR virtuell überprüft werden. Zudem wurden verschiedene Wartungsszenarien mit beiden Geräten durchgespielt.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Teilnehmer das Inneneinrichtungsszenario auf beiden Geräten klar gegenüber dem Wartungsszenario bevorzugten. Die Tablet-Anwendung erzielte hier die Höchstnote – 100 Prozent Zustimmung, Der Durchschnitt lag bei 1,0 auf einer Skala von 1 bis 5 für die Inneneinrichtung mithilfe des Tablets gegenüber 1,88 bei Wartung mit dem Tablet. Dagegen lag der Durchschnitt bei 2,5 für die Inneneinrichtung mit HoloLens und bei 2,63 für Wartung mit HoloLens. Daraus ließ sich ableiten, dass eine Tablet-Anwendung sinnvoll erscheint.
Die Zusammenarbeit mit dem Teampartner per Tablet erhielt mit 1,25 eine sehr gute Bewertung, wogegen die HoloLens mit 3,44 unterdurchschnittlich abschnitt. Als Grund gaben die Probanden an, dass die erweiterte Sicht sich schwerer als mit einem Tablet mit dem Partner teilen ließ. Daraus ergibt sich für den Handel, dass AR-Anwendungen auf einem Tablet grundsätzlich eine bessere Kommunikation mit den Kunden ermöglichen. Das sollte man bei den ersten „Gehversuchen“ in diesem Bereich unbedingt berücksichtigen. Dennoch kann in ausgewählten Situationen der Effekt des Eintauchens in die virtuell erweiterte Umgebung mit Smart Glasses einen entscheidenden Vorteil bieten. Hier hilft nur Nachdenken und Ausprobieren.
Mehr zum Thema Hospitality