Die deutschen Jung-Designer Julia Huhnholz und Friedrich Gerlach haben für ihr Projekt ‚The Essence of Biocement‘ die Best of Best-Auszeichnung des Newcomer Wettbewerbs one&twenty gewonnen. Die Preisverleihung fand in Mailand statt.
Das von Julia Huhnholz und Friedrich Gerlach entwickelte Sitzmöbel besteht zu 100 % aus selbst produziertem Biozement. Im Zuge ihres Designstudiums an der Bauhaus-Universität Weimar suchten die Preisträger nach klimaneutraleren Herstellungsverfahren für ihre Produktdesigns. Das Projekt hat ein Möbelstück von eindrucksvoller Formensprache hervorgebracht, das beispielhaft zeigt, wie zukunftsweisendes Design immer mehr durch die Forschungsimpulse des Nachwuchses entstehen kann.
Best of Best: Biozement – Baustoff aus dem Labor
Der noch vielerorts unbekannte Biozement weist einige Vorteile gegenüber dem klassischen Zement auf, der mit immensen Folgen für das Klima in der Baubranche eingesetzt wird. Zum einen benötigt dessen Herstellung große Mengen an Hitze und somit Energie. Zum anderen wird bei der chemischen Reaktion im Zementofen Kohlendioxid freigesetzt. Biozement muss nicht gebrannt werden und emittiert weniger CO2, da es mithilfe eines Bakteriums hergestellt wird, das Urea abbaut und Kalk herstellt. Ein Rohstoff wie Sand vermischt mit Calciumchlorid erhärtet mithilfe dieses Prozesses ohne Brennvorgang. Gerlach und Huhnholz verzichteten für ihren Entwurf zudem auf Sand. Dieser wird durch die hohe Zement- und Betonproduktion immer knapper – weltweit werden jährlich circa 50 Milliarden Tonnen Sand verbraucht, so ein UN-Bericht. Stattdessen recycelten die Designer Ziegelsteine, die auf ihrem Hochschulgelände nicht mehr gebraucht wurden.
Forschungsprojekt: Vom Material zum Möbelstück
Julia Huhnholz und Friedrich Gerlach widmeten sich dem Biozement im Zuge ihres Designstudiums – ohne vorherige Erfahrungen in der Mikrobiologie. Zunächst erforschte das Duo die Zement-Alternative und entwickelte im zweiten Schritt in monatelangen Versuchen eine komplexe Maschine, die ihnen half, die mehrstufige Produktion zu vereinfachen. Die Bakterien müssen unter anderem alle zwei Stunden „gefüttert“ werden. Im Nachgang erarbeiteten Gerlach und Huhnholz Methoden zur Formgebung von Biozement. Die geschwungenen Konturen ihres Möbelstücks erreichten sie durch eigens hergestellte Schalen, die sie im 3D-Druck fertigten – in diesen erhärtet die Biozement-Masse. „Unser Ziel war es, dieses Material durch unser Objekt erlebbar und verständlich zu machen“, so das Duo.
Jedes Jahr vergibt der Rat für Formgebung in Mailand den internationalen Newcomer-Preis „one&twenty“, bisher bekannt als „ein&zwanzig“, für herausragende Entwürfe junger Designer. Unter den 545 Einreichungen der Designstudierenden und Absolventen prämiert eine renommierte Jury die 21 besten Produkt- und Projektideen. Eines der Projekte erhält außerdem die Sonderauszeichnung „Best of Best“.
Lutz Dietzold, Geschäftsführer des Rat für Formgebung, ist überzeugt: „Immer mehr Unternehmen müssen dem Ruf nach ressourcenschonenden Materialalternativen folgen und ihre Produktionsprozesse überdenken. Deswegen sind die Impulse der Jungdesigner auch für die Einrichtungsbranche relevant und richtungsweisend.“
„The Essence of Biocement“ sowie die weiteren 20 Winner-Projekte sind noch bis zum 23. April in der Zona Tortona (Via Tortona 31, Opificio 31, Mailand) ausgestellt. Das Design der Ausstellung stammt von dem dänischen Studio Tableau.