Wie kommt eigentliche das Neue in die Welt? Wer mit solchen Fragen selbst Mama und Papa gequält hat oder gerade selbst um eine Antwort für die eigenen Kinder ringt, könnte mal einen Blick in die Neue Sammlung in München werfen. Dort geht es schließlich um Innovation, zumindest dem Titel nach. Die beiden niederländischen Designerinnen beziehungsweise Theoretikerinnen Hella Jongerius und Louise Schouwenberg haben verschiedene Versuchsaufbauten errichtet, die so abstrakte Konzepte wie „Serendipity“ (man stolpert auf der Suche nach etwas Bestimmtem über etwas viel Besseres) beleuchten, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Suchscheinwerferduo fährt über ein semantisches Feld und legt neue Verknüpfungen nahe.
Oder ein Buchstabensalat perspektivisch zerknüllter Design-Klassiker ergibt aus einer bestimmten Perspektive einen lesbaren Begriff. Das ist natürlich unglaublich oberflächlich und nur als künstlerische Intervention zu lesen, aber kaum als wissenschaftliche Auseinandersetzung mit „Innovation“, die ja jedem Entwurf zugrunde liegen sollte. Hier geht es eben nur um den richtigen Dreh. Trotzdem entfaltet das erfrischend sinnfreie Spiel der Begriffe einen gewissen Zauber. Denn wie sollte man einen Geistesblitz besser dingfest machen, als ein metaphorisches Sprach-Spiel?
Über diese Ausstellung lässt sich trefflich streiten. Warum sind Möbel-Klassiker wie ein Ornament der Moderne um 90 Grad gekippt und auf dem Boden ausgebreitet? Man könnte nun sagen: vom Sockel der Kunstgeschichte gestürzt und aus neuer Perspektive dargeboten. Kommt man über den richtigen Dreh wirklich grundlegenden Designprozessen näher?
Die beiden Niederländerinnen Louise Schouwenberg und Hella Jongerius, die dankenswerter Weise keine monographische Ausstellung wählten, sondern Thesen in die Welt schleudern, haben sich schon seit geraumer Zeit mit dem Thema befasst. Vor zwei Jahren erschien die Streitschrift „Beyond the New. A Search for Ideals in Design“, in der sie das sinnlose Abfeiern von Design anprangerten und stattdessen kulturellen Fortschritt verlangten. Damit haben sie natürlich Recht. Ob diese Ausstellung freilich ihrem Ansatz die notwendige Popularität verschafft, kann bezweifelt werden. Augenzwinkernd verspielen sie ihr großes Thema.
Zur Ausstellung erscheint das Buch „Louise Schouwenberg & Hella Jongerius. Beyond the New. On the agency of things.“ Koenig Books. London, 2017, 40 Euro.
Hella Jongerius & Louise Schouwenberg – Beyond the New
Die Neue Sammlung – The Design Museum, Pinakothek der Moderne
Barer Straße 40, 80333 München
Täglich 10 bis 18 Uhr, Montag geschlossen, Donnerstag bis 20 Uhr
Ausstellungsdauer bis 16. September 2018 (Paternoster Halle)