Wieso sperren sich fünf junge Menschen in Boxen ein und das auch noch für zwei Wochen? Seit dem 1. August 2020 leben fünf Darsteller des kollekTiefs, einer jungen Theatergruppe aus Wien, in Boxen auf jeweils einer Grundfläche von 12 m2. Jeder für sich in der Isolation. Der Selbstversuch findet im Rahmen und in Kooperation mit dem Hin & Weg Theaterfestival in Litschau statt.
Wieviel ist das Nötigste?
Die fünf Boxen stehen für Isolation, unfreiwilliges Homeoffice und den Wunsch, das eigene Schaffen auch im privaten Raum vermittelbar zu machen. Die Isolierten haben weder Computer, Telefon noch andere Quellen der Zerstreuung. Um nicht in der Einsamkeit verloren zu gehen, erzählen sie einander täglich neue Geschichten in Tanz, Gesang, Erzählung und Spiel. Dies wird mittels Mikrofonen möglich.
„Wir wollen berühren. Kompromisslos. Das ist ein Versuch!“
Sie durften 14 private Gegenstände mitnehmen. Die an einer Seite komplett verglasten Wohncontainer sind nur mit dem Nötigsten ausgestattet: Bett, Sessel, Paravent, Lampe und Regal sowie eine Grundausstattung mit Stiften und Papier. Dazu kommt eine Toilette von der Firma ÖKlo. Essen und andere notwendige Gegenstände erhalten die Teilnehmer durch eine Art Schleuse. Lediglich zum Duschen dürfen sie die Wohncontainer verlassen.
Wohncontainer: Leben in Isolation
„Wir hatten diesen Sommer für das Festival in Litschau ein Stück geplant, das von sehr viel Nähe lebt“, erzählt Max-Reinhardt-Seminar-Student Anton Widauer. „Nun mussten wir uns um 180 Grad drehen und zeigen ‚Bitte nicht berühren’, ein Stück, das Nähe negiert und Leben in Isolation vorführt“, ergänzt Schauspielerin Alina Schaller, die zuletzt in „Vorstadtweiber“ im ORF zu sehen war.
„Wir brauchen die Nähe anderer Menschen, ihre Berührungen, emotional und körperlich“
Viele Branchen sind weit entfernt von normal
Die Situation für die Kunstbranche, wie für viele andere Branchen, sei weit entfernt von normal, findet der 24-jährige Felix Kammerer, der seit 2019 Teil des Burgtheaterensembles ist. Auch Tilmann Tuppy hofft auf Normalität im Herbst, denn er wird im Vestibül der Burg auftreten. Die Fünfte, allein in einer Box mit Glasfront, ist die junge Musikerin Anna Mabo, die als Anna Marboe im Theater vor allem Regie führt. Ihr letztes Konzert war im Februar.
Neue Realität in extrem
„COVID-19 betrifft alle Menschen gleich. Das Stück zeigt sehr überspitzt das neue Leben und ist ein Versuch, uns der Komplexität des Themas anzunähern“, sagt Alina Schaller. „Wir sind hochaktuell und zeigen die neue Realität ins Extrem getrieben. Eine Realität, die für alle gilt, und für uns, als junge, in unserem Schaffen stark beeinträchtigte KünstlerInnen, besonders“, meint Anton Widauer.
Verlust der Normalität
Das Ringen mit dem Zustand der Isolation und dem Verlust der „Normalität“ kann vor Ort, in Litschau im Waldviertel, insgesamt 336 Stunden lang mitverfolgt werden. Nach zwei Wochen fehlender Nähe und physischem Kontakt münden die Anstrengungen der Isolation in einer finalen gemeinsamen Performance auf der Bühne.
Diese findet am 15. August 2020, 20:30 Uhr statt.
Die Wohncontainer stammen von der Firma Innocont.