Wie alles begann: Der Unternehmer Albert Stoll zieht 1871 von Bad Cannstatt nach Waldshut und möchte dort Kaffeehaus- und Schaukelstühle aus unter Wasserdampf gebogenem Holz fertigen. Für Waldshut als Firmensitz entscheidet er sich aus mehreren guten Gründen. Der wichtigste Rohstoff Buchenholz wächst vor der Haustür, in der kaum industrialisierten Gegend finden sich ausreichend Arbeitskräfte, die auch das Flechtwerk beherrschen und es gibt einen Anschluss an das Eisenbahnnetz.
Nach erfolgreichem Start wird schon ein Jahr später ein zweiter Betrieb im schweizerischen Klingnau aufgebaut. In den 1890er-Jahren konzentriert sich Albert Stoll auf die Entwicklung von Büroarbeitsstühlen und entwickelt einen Bugholz-Vierfuß, der über eine gedrechselte Säule mit Gewindeeinsatz eine Höhenverstellung ermöglicht.
Büro-Ergonomie, als sie noch keinen Namen hatte
Als der Firmengründer 1897 stirbt, führt zunächst seine Ehefrau den Betrieb weiter. Sohn Albert Stoll II studiert in Karlsruhe Maschinenbau und geht 1910 zu Studienzwecken in die USA. Hier kauft er Spezialmaschinen, welche die Produktion teilweise automatisieren und seine Sitzmöbelkreationen technisch verfeinern. Er beschäftigt sich schon mit dem Thema Büro-Ergonomie, als es diesen Begriff noch gar nicht gibt.
Auf der Leipziger Messe 1926 bringt er seine wichtigste Neuentwicklung erstmals an die Öffentlichkeit. Der weltweit patentierte ‚Federdreh‘, der erste Arbeitsstuhl mit drehbarer Säulenfederung und beweglicher Rückenlehne, gilt als Archetyp des modernen Bürostuhls. Er wird, kurz nach der Markteinführung auch mit Schwenkrollen erhältlich, zum Hauptumsatzträger des Unternehmens. Von seinen vier Söhnen steigen drei in das Familienunternehmen ein.
Aufteilung des Unternehmens
Albert Stoll III übernimmt den Schweizer Betrieb, Christof und Martin Stoll leiten gemeinsam den Waldshuter Betrieb, bis sie ihn im Jahr 1958 aufteilen und Martin Stoll sein eigenes Unternehmen gründet. Christof Stoll, nun Alleininhaber der gleichnamigen KG, führt unter der neu eingetragenen Marke Sedus den Betrieb in Waldshut fort. Aufgrund stetigen Wachstums wird die Produktion ab 1969 schrittweise in die Nachbargemeinde Dogern verlegt.
Synchronmechanik von Sedus Stoll
In den Folgejahren werden von ihm in Europa acht Tochtergesellschaften gegründet. 1973 entwickelt man die nächsten innovativen Drehstuhltechniken, die heute als Standard gelten. Die Similarmechanik (auch Synchronmechanik genannt) koppelt die Neigung der Rückenlehne mit der Sitzfläche. Beim Zurücklehnen öffnet sich der Winkel synchron zur Bewegung von Oberkörper und Oberschenkel, sodass die Gelenke bewegt, der Körper gestreckt und auch die Durchblutung erleichtert werden. Ende der 1990er-Jahre entwickelt Sedus einen ersten elektrisch in Höhe und Neigung verstellbaren Schreibtisch, der gesunde Wechselarbeit im Sitzen und im Stehen ermöglicht.
Soziale Verantwortung
Aber auch in anderer Hinsicht ist Christof Stoll ein Visionär. Schon in den 1950er-Jahren beteiligt er die Mitarbeiter am Betriebsergebnis und setzt sich aktiv für den Umweltschutz ein. Seine Frau Emma versorgt die Belegschaft in der Betriebskantine mit gesunder Vollwertkost. Die Ehe der beiden bleibt kinderlos. Im Jahr 1985 übertragen sie ihr Vermögen, das auch die Mehrheitsbeteiligung an dem seit 1995 als Sedus Stoll AG firmierenden Familienunternehmen umfasst, auf die gemeinnützige Stoll VITA Stiftung. Das Ehepaar will damit die Unternehmensnachfolge regeln und zugleich sein Engagement in einer gemeinnützigen Einrichtung fortgeführt wissen. Im Jahr 2003 stirbt Christof Stoll, seine Frau Emma im Jahr 2010.
Seit 1995 Aktiengesellschaft
Nach der Umwandlung in die Aktiengesellschaft im Jahr 1995 wächst das Unternehmen durch die Mehrheitsbeteiligung am Bürositzmöbelhersteller Klöber GmbH, Owingen weiter. Durch den Zusammenschluss mit der Gesika Büromöbelwerk GmbH (heute Sedus Systems GmbH), wird man zum Komplettanbieter. Auf der einen Seite sind das ergonomische Arbeitsplätze, die einen gesunden Wechsel von Steh- und Sitzarbeit ermöglichen, auf der anderen intelligente Raumkonzepte, die team- und kommunikationsfördernd wirken.
Für die Zukunft gerüstet
Im Sitzmöbelbereich präsentiert Sedus im Jahr 2000 als Weltneuheit das Modell ‚open up‘, den ersten Drehstuhl mit einem Öffnungswinkel von über 40 Grad, was dynamische Büroarbeit auch in fast liegender Position ermöglicht. Im Jahr 2012 folgt die Similar-Swing-Mechanik als neuartiges kinematisches Sitzkonzept, das im Jahr 2018 durch die Entwicklung des Bürodrehstuhls ‚se:motion‘ nochmals getoppt wird, denn dieser Drehstuhl bietet dynamisches Sitzen ganz ohne herkömmliche Mechanik.
Im Bereich der Kastenmöbel bringt Sedus 2004 seine erste Systembench als Teamarbeitstisch auf den Markt und erweitert das Produktangebot um Tisch- und Schranksysteme, Office Cubes und Raum-in-Raum-Systeme. Im Jahr 2016 ergänzt Sedus seine Geschäftsfelder um die Sparte „Digitale Raummanagementsysteme“ und mit dem Umzug in das eigene „Sedus Smart Office“ am Stammsitz in Dogern um den Vertrieb von Videokonferenzsystemen. Mit dem umfangreichen Systemprogramm se:lab bringt Sedus im Jahr 2020 ein neues Produktsegment auf den Markt, das der Förderung agiler und kreativer Teamarbeit dient.
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