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Virtual Reality und VR-Brille als optimale Arbeitsumgebung?

Virtual Reality als optimale Arbeitsumgebung?
Künstliche Arbeitswelt

Künstliche Arbeitswelt
Arbeiten mit der Virtual-Reality-Brille ist inzwischen auch in vielen Planungs- und Beratungsbüros Usus. Foto: Combine Consulting
Virtual Reality wird als fast so interessant wie die reale Umgebung angepriesen. Bei Büroplanern und -nutzern soll sie die Vorstellungskraft anregen, wie die optimale Arbeitsumgebung aussehen kann. Unser Kolumnist hat da so seine Zweifel.

Ich sehe was, was du nicht siehst! Die moderne Form des Kinderspiels fand in den glücklichen Jahren der Orgatech, die sich später in Orgatec umbenannte, auf manchen Ständen statt, als die Fachmesse noch die Entwicklung von Büroorganisatoren diktierte. Man konnte sich eine Datenbrille aufsetzen und in virtuelle Welten eintauchen, um sich das Büro seiner Zukunft anzusehen.

Vision in die Realität bringen

Zwar wurde das Bild auch auf Monitoren angezeigt, aber das sah recht banal aus. Nichts konnte das Erlebnis einer Immersion in eine virtuelle Szene nachbilden. Musste es auch nicht. Denn man nutzte die Technik, um die dem Betrachter dargebotene Vision in die Realität zu bringen.

Mittlerweile haben sich die Datenbrillen zu fantastischen Instrumenten entwickelt, die einem, von mächtigen Computern gespeist, Denkbares ebenso wie Unvorstellbares buchstäblich dicht vor die Augen zaubern. Eine Virtual-Reality-Brille bringt einem die reale wie eine erdachte Welt näher. Mixed Reality. Ob sie einem dabei die Sicht auf den nächsten Balken vor dem Kopf nimmt? Man muss halt wissen, wie man daraus auftaucht, zum Beispiel, um den Weg zur Toilette zu suchen. Alternativ könnte ein Blindenstock helfen. Das zeigt: Der Weg vom Virtuellen in die Realität ist mit Fallen gesät. Mit unsichtbaren und zuweilen tiefen.

Man schreitet durch virtuelle Welten

Können VR-Brillen uns im Wettbewerb zum Finden des richtigen Biotops für eine artgerechte Haltung von Menschen dienen, die Wertschöpfung betreiben? Man stelle sich vor, man schreitet durch virtuelle Welten, lässt sich eine Vielzahl von Büros anzeigen – und Stopp! Eine Künstliche Intelligenz spuckt fertige Besiedlungspläne sowie Listen von erforderlichen Möbeln aus.

Undenkbar ist das nicht, wie die Geschichte der CAD-Technik zeigt. Einst sollte sie nur Zeichnungen generieren. Wenig später erzeugte sie fast alles, von der Konzeptentwicklung bis zur Übergabe an die Fertigung. Diese Entwicklung veranschaulicht aber auch manch anderes, beispielsweise, dass es über 30 Jahre gedauert hat, bis die Konstrukteure gelernt haben, anders zu sehen. Architekten haben mit der Technik noch länger gehadert, weil sie noch stärker von einer visuellen Sprache abhängen.

VR-Brillen bieten weitere Perspektiven

Doch VR-Brillen unterscheiden sich erheblich von den üblichen CAD-Monitoren. Und sie bieten weitere Perspektiven als einst bei der Büroplanung. Diese sind aber – zu Beginn – nicht immer von Vorteil. Wie wichtig das richtige Sehen sein kann, erkennt man am Untergang einer Technik, die noch vor wenigen Jahren die Zukunft des Fernsehens dominieren sollte, 3D! Menschen sehen 3D aber mitnichten mit ihren Augen, sondern mit ihrer Intuition. In realen Welten kann man nicht einmal vermeiden, 3D zu sehen.

Bei künstlichen wirkt es hingegen künstlich. Für Menschen zählt nicht unbedingt die physikalische Beschaffenheit, sondern der in Bezug auf seine Erlebnisfähigkeit strukturierte Raum. Und der sieht, durch eine VR-Brille gesehen, anders aus. Deshalb muss der Planer entweder sein Auge „eichen“ oder gar mit solchen Darstellungen aufgewachsen sein.

Virtual Reality und KI

Das ist ein Klacks gegen die Aufgabe, eine KI zu trainieren. Denn sie ist ein Kind von Militärs, die den Kampf in Nerdistan vorher in der Heimat üben wollten. Später übernahmen die Gamer das Zepter. Beide haben aber mit der Realität nicht viel am Hut. Denn die KI muss für neue Aufgaben trainiert werden. In kleinen Schritten, viel und wohldefiniert, entsprechend dem Vorgehen eines Algorithmus.

KI kann man auch mit Bildern trainieren. Mit welchen? Wollen wir ihr etwa ein Action Office oder lieber einen Business Club eintrainieren? Oder eine Verwohnzimmerung? Mit falschen Bildern gefüttert, folgt sie eben diesen. Aber auch das Trainieren mit richtigen Bildern bietet keine Gewähr für den Erfolg, wie man in den vergangenen zwei Jahren und sechs Wochen lernen musste. Erst gestalten wir unsere Werkzeuge, dann gestalten sie unsere Umwelt. Allerdings nur, wie sie es gelernt haben. Un-Lernen von KI hat noch keiner geschafft. Wahrscheinlich weil niemand weiß, was die denn gelernt hat.

KI weiß nicht, wie die Welt sein sollte

Doch was man auch tut, die relevanten Faktoren der Büroumgebung, Klima, Akustik und Licht und ihre Zusammenhänge bleiben auch auf 8K-Monitoren unsichtbar. Wie bringt man einer Maschine bei, dass Menschen weder emissionsfrei noch immissionsresistent sind?

In der Coronazeit standen die mit Milliardenaufwand gebauten modernen Büros der Firmen wie Apple oder Alphabet leer. Und „Bürolärm“ bleibt das Problem Nummer 1 – egal, durch welche Brille übersehen. Bis sich aus dem Homo sapiens ein Homo obsoletus entwickelt, wird noch viel Wasser den Neckar hinunterfließen. KI ist sehr gut darin, die vorhandene Welt zu beschreiben, sie weiß aber nicht, wie sie sein sollte. Aber genau das ist die Aufgabe eines Planers.


Kolumnist Ahmet Çakir ist Inhaber und wissenschaftlicher Leiter des Ergonomic Instituts für Arbeits- und Sozialforschung in Berlin und Gutachter.

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