Eine Trennung der beiden Bereiche gibt es erst mit der Industrialisierung – historische Abzüge zeigen eine vergangene Welt des Arbeits- und Vereinslebens in der Hansestadt Hamburg Anfang des 20. Jahrhunderts.
Freizeit, in dem Sinne, wie wir sie kennen, gab es vor 100 Jahren noch nicht. Historische Aufnahmen des Hamburger Fotoateliers zeigen, dass zum Ausgleich für monotone Produktionsabläufe und beengte Wohnverhältnisse im Sportverein der Körper bewegt werden soll. Die Arbeitnehmer und Angestellten von Schifffahrtsunternehmen, Handwerksbetrieben, aus dem Hauptkontor der Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Consumvereine m. b. H. (GEG), Arbeiter aus dem Schlachthof oder vom Feld – alle sollen sich sinnvoll erholen und die körperliche Ertüchtigung zum Ausgleich nutzen. Ob nun Stabhochsprung, Ball spielen, Barren oder Bock. Das Vereinsleben erlebt eine Blüte.
Vater und Sohn, Johann Hamann und Heinrich Hamann, zeigen auch die Seiten der Arbeit, die es zumindest in Deutschland nicht mehr gibt: Kinderarbeit auf dem Feld. Es ist die Zeit, in der auf der anderen Seite um den Achtstundentag und um die Einführung des freien Samstagnachmittags gekämpft wird. Kritiker wie Theodor W. Adorno sehen im spätindustriellen Zeitalter die Freizeit als „Zwang, sich zu zerstreuen und zu erholen, als ein Teil der Notwendigkeit, die Arbeitskraft wiederherzustellen, die sie in dem entfremdeten Arbeitsprozess verausgabten.“ Das Atelier J. Hamann fotografiert im Gleichtakt turnende Frauen, begleitet die Ausflüge der Turnvereine und illustriert Sportarten.
Die mehr als 45 historischen Aufnahmen zeigen ein lebendiges Bild von Hamburg Anfang des 20. Jahrhunderts.
Die Ausstellung läuft im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) vom 22. Juli bis 6. November 2016.
Museum für Angewandte Kunst und Gewerbe Hamburg
Gabriela Hauser
