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Ulrich Nether

Hochschullehrer im Portrait
Ulrich Nether

„Jeder Mensch ein Künstler“ – viel zitierte Worte von Joseph Beuys. Dieser bestimmte letztlich entscheidend den Berufsweg von Designer und Professor Ulrich Nether, der an der Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur lehrt.

Autorin Nina Shell

Die Beschäftigung mit dem Werk und die persönliche Begegnung mit Beuys interpretiert Ulrich Nether bis heute in dem Sinne, dass jeder Mensch seine eigene Kreativität in dem, was er tut, entfalten kann und entfalten sollte. Doch zunächst strebte Nether, inspiriert von seinem Kunstlehrer in der Oberstufe und durch die vielen Ausstellungsbesuche mit seinen Eltern, ebenfalls eine Karriere als Kunstlehrer an. Eher als Überbrückung fing er an, Innenarchitektur zu studieren. Der Funke sprang über – das Studium absolvierte Nether mit wachsender Begeisterung. Durch die Arbeit danach, unter anderem mit Hadi Teherani, kam er zum Design. Und schließlich wieder zur Lehre, womit sich der Kreis stimmig schließt. „Die Lehre hat mich nie losgelassen und treibt mich nach wie vor an – eben das Potenzial, das in jedem Menschen steckt, etwas Eigenständiges zu erschaffen, zu wecken.“

Eine weitere wichtige Rolle in der Entwicklung des jungen Innenarchitekten spielte das Thema Maßstab. Als Projektleiter für den Pavillon der Europäischen Gemeinschaft in Sevilla im Büro von Karsten Krebs sah sich Ulrich Nether als Innenarchitekt mit ungewohntem Maßstab konfrontiert: Beim Objekt von 50 Metern Höhe und entsprechend großer Fläche, agierte er hier eher als Architekt. Parallel entwickelte er ein Lichtschalterprogramm. Extreme Unterschiede also, bei Ersterem waren Entwurfsüberlegungen zunächst im zweitausendstel Maßstab notwendig, bei Letzterem wurden Modelle, auf drei zu eins vergrößert, gebaut.

„Damals ist bei mir völlig die Scheu vor den Grenzen des Innenarchitekturberufs gefallen. In der Innenarchitektur steckt eine ungeheure Bandbreite eben in der Auseinandersetzung mit Mensch und Raum.“ Entsprechend Nethers Definition von der Uraufgabe der Innenarchitektur: „Wir kümmern uns ja eigentlich um das Verhältnis von Mensch und Raum, anders formuliert: Raum entsteht durch das Verhalten, Aktionen und Interaktionen von Menschen.“

Mit diesen Erkenntnissen traf es sich gut, dass Ulrich Nether zu dem Zeitpunkt wieder seinen ursprünglichen Drang nach der Lehre verspürte – und zeitgleich eine Stelle an der Detmolder Schule ausgeschrieben war. Produktdesign und Ergonomie waren die Disziplinen, mit Schwerpunkt auf Produktdesign. Einen großen Förderer und Mentor hatte er damals in Theodor Peters, der als Koryphäe der Ergonomie zu jener Zeit galt.

Ulrich Nether verstand Ergonomie zwar als Wissenschaft, suchte aber von Anfang an sie greifbar zu machen und in Anwendungen zu übertragen, über die Arbeitsumgebung hinaus. Aus diesem Verständnis, dass Humanfaktoren wesentlich sind, sowohl inhaltlich als auch für kreative Ansätze in der Gestaltung, entwickelte sich gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen ein Forschungsschwerpunkt, das Perception Lab, in dem man sich mit der Wahrnehmung und Wirkung von Raum befasst, sowie ein Antrieb für Human Centered Design.

Anders als beim User Oriented Design wird der spätere Nutzer, der Mensch eben, in den Gestaltungsprozess permanent aktiv eingebunden. Dieser Gedanke wird an der Hochschule stark gelebt, gerade läuft das zweite Projekt mit einer Gesamtschule, wobei dann am Ende die Schüler der Schule quasi alle zu kleinen Innenarchitekten ausgebildet werden, die eben wissen, wie sie ihr eigenes Umfeld gestalten. Die beteiligten Studierenden sind dabei gar nicht so sehr die Gestalter, sondern diejenigen, die dadurch, dass sie die Prozesse kennen, diese steuern.

Es geht weniger darum, bestimmte Inhalte zu vermitteln, sondern ein Interesse und Motivation weiterzugeben. Schön für die Schüler: Es geht dabei darum, sich mit den eigenen Bedürfnissen auseinanderzusetzen, diese zu hinterfragen – im Gegensatz dazu, dass sie sonst in erster Linie lediglich mit Inhalten befüllt werden.

Solche Projekte sind nicht zuletzt dadurch möglich, dass die Detmolder Schule zum vergangenen Wintersemester ihr System „umgebaut“ hat – jetzt ist der Bachelorstudiengang achtsemestrig (vorher sechs), der Master dafür auf zwei statt vier Semester ausgelegt. „Die Studierenden brauchen gerade für eine so kreative und komplexe Disziplin einen längeren Reifeprozess, um danach wirklich eigenständige, selbstverantwortliche und Verantwortung für die Umwelt und andere Menschen übernehmende Gestalter sein zu können“, so Ulrich Nether.

Ein konstruktiver Ausbruch aus den für viele Hochschulen so beklagten starren Bachelor- und Masterstrukturen.

Nicht nur dies, sondern auch der besondere Standort kommt den Studierenden der Detmolder Schule sehr entgegen: Ostwestfalen ist nach wie vor der größte Standort für Möbelproduktion in Europa, quasi ein Schlaraffenland für angehende Gestalter in puncto Kooperationsprojekte. Firmen wie COR, FSB, Poggenpohl und Flötotto sind vor der Haustü,r und nur wenig weiter entfernt sitzen Unternehmen wie Dornbracht, Gira, Jung oder Wilkhahn, um nur einige zu nennen.

Nicht nur Projekte, sondern eine nachhaltige Plattform für Synergien zwischen Hochschule und Unternehmen ist daraus entstanden: Nethers Intitiative, die jährlich stattfindenen Design Dialoge Detmold und der regelmäßige Austausch in Workshops und Gesprächen, bieten ein großes Plus für die Studierenden.

Ein Mangel an Bewerbungen herrscht dementsprechend nicht, und noch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal hat die Detmolder Schule zu bieten: Nimmt man den Standort Höxter noch dazu, sind hier alle Studiengänge und Disziplinen, von der Stadt- über die Landschaftsplanung, Architektur und Innenarchitektur geboten. „Das ist sehr fruchtbar für die Studierenden, die sich teilweise auch doppelt qualifizieren“, so Ulrich Nether.

Dazu kommt die wunderbare Teamatmosphäre, die an der Hochschule durchwegs gelebt wird, auch der europäische wie der internationale Austausch mit Ländern von Indien über Brasilien, USA oder auch Südkorea ist ein dicker Pluspunkt.

Bei all den Aktivitäten reduzieren sich die Tätigkeitsfelder von Ulrich Nether in dem gemeinsam mit Jeanette Faust geführten Büro Netherblu, mittlerweile auf eher experimentelle Projekte sowie Beratung in Design und Architektur. Die Lehre, wie eingangs erwähnt, bleibt seine große Leidenschaft. Den Studierenden die Prozesse, die zu Produkten oder Räumen führen, zu vermitteln, ihnen Designstrategien, methodisches Vorgehen und die zugehörigen Werkzeuge an die Hand zu geben, ist für ihn wesentlich.

Daneben forscht er an einem Zukunftsthema: „Wir stellen fest, dass die fortschreitende Digitalisierung großen Einfluss hat auf das Verhältnis des Menschen zu Räumen und Objekten. Dieses Verhältnis wird derzeit bestimmt von den Technikern. Welche Vorschläge haben wir (Innen)architekten und Designer als Experten für die Zukunft von Mensch, Raum und Objekt?“

Weitere Portraits finden Sie hier


1992 gründete Ulrich Nether gemeinsam mit Jeanette Faust das Düsseldorfer Büro netherblu gestalt crossover, später arbeitete er u.a. mit Hadi Teherani und Hans-Ullrich Bitsch zusammen. Seit elf Jahren ist Nether Professor für Produktdesign und Ergonomie an der Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe.

www.netherblu.de


Hochschule Ostwestfalen LippeDetmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur

Bachelorstudiengänge: Innenarchitektur (8 Sem.), Architektur (6 Sem.), Stadtplanung (6 Sem.), praxisbegleiteter BA Innenarchitektur in Teilzeit (10 Sem.), praxisbegleiteter BA Architektur in Teilzeit (10 Sem.), Abschluss: jeweils B.A.

Masterstudiengänge: Master Innenarchitektur-Raumkunst (MIAR, 2 Sem.), Master of Integrated Architectural Design (MIAD, 4 Sem.), Master of Integrated Design mit den beiden Vertiefungsrichtungen Computational Design und Facade Design (MID, 4 Sem.), Kooperationspartner im Studiengang MasterSstädtebau NRW (4 Sem.)

Abschluss: MIAR: Master of Arts (M.A.), MIAD: Master of Science (M. Sc.), MID: Master of Engineering (M.Eng), Master Städtebau NRW: Master of Science (M. Sc.)

Beginn: Wintersemester, Aufnahmen: 180 BA Innenarchitektur, 90 BA Architektur, 50 BA Stadtplanung, 30 MA Innenarchitektur-Raumkunst, 15 Master of Integrated Architectural Design, 15 Master of Integrated Design mit Vertiefung Computational Design, 15 Master of Integrated Design mit Vertiefung Facade Design

Mit derzeit 32 Professuren aus den Bereichen Gestaltung, Entwurf, Technik, Organisation, Szenografie, Kunst, Sozialwissenschaften und Kommunikation bietet die Detmolder Schule ein breites Spektrum an Fachwissen.

www.detmolder-schule.de

Foto: HS OWL/Schelpmeier

Designtalente der Fakultät

Das Projekt bestand darin, die eher provisorische Situation im Vorlesungssaal der Hochschule zu verbessern. Mit der vorhandenen Technik sollte eine kompakte und gestalterisch anspruchsvolle Lösung gefunden werden. Entstanden ist ein High-Tech-Möbel. Mit der im Corian eingelassenen Technik lässt sich der Raum steuern, und mit vielen weiteren Features können Präsentationen einfacher gestaltet werden.

Ein Hauptaugenmerk liegt auf der selbst entwickelten Höhenverstellung. Die vier in den Stahlrahmen versteckten Hydraulikzylinder lassen das Pult um 40 cm in der Höhe verstellen. Ein Frontelement lässt sich hochklappen, sodass auch Rollstuhlfahrer eine bequeme Rednerposition einnehmen können.

Projekt: Medienpult

Stud. Des. Eike Scheps, Jan Fritz, Florian Rodrigo, Timon Mäder

Betreuer: Prof. Ulrich Nether

Mit der im Corian eingelassenen Technik lässt sich der Raum steuern, und mit vielen weiteren Features können Präsentationen einfacher gestaltet werden.
Foto: Dirk Schelpmeier
Eike Scheps, Jan Fritz, Florian Rodrigo und Timon Mäder entwickelten ein neues multimediales Pult für den Fachbereich Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur.
Foto: Dirk Schelpmeier

Eike Scheps,

Jan Fritz, Florian Rodrigo und Timon Mäder entwickelten ein neues multimediales Pult für den Fachbereich Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur.

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