Die Leidenschaft für Innenarchitektur entwickelte Sabine Keggenhoff schon früh – nicht etwa durch familiären Einfluss, sondern in der direkten Nachbarschaft: „Nebenan wohnte ein faszinierendes Ehepaar in einem für die Zeit ganz untypischen Betonbungalow mit großen Fensterflächen, mit Übergängen von innen nach außen und einem wunderbaren Patio mit einer Wasserfläche.“ Er war Bauingenieur, sie Kunstsammlerin – diese erste Begegnung mit den Thema Architektur und weiterführend der Architekturfotografie setzten die Initialzündung für den Werdegang von Sabine Keggenhoff.
Ausbildung zu Bauzeichnerin
Unabhängig in jeder Hinsicht zu sein, dies war immer ihr oberstes Ziel. Mit einer Bauzeichnerausbildung zwischen Schule und Studium sicherte sie sich entsprechend erst mal den Lebensunterhalt. Nach der Lehre folgte ein Jahr Amerika, davon ein halbes als Aupair in Philadelphia und New York.
In dieser Zeit gründete sie neben einem Babysitterservice auch noch einen Reinigungsdienst, half einer Restaurateurin, Antiquitäten auf dem Flohmarkt zu verkaufen – und ermöglichte sich so die zweite Hälfte des Jahres. Zurück in der Heimat startete Sabine Keggenhoff das Studium der Innenarchitektur in Detmold und belegte zusätzliche Architektur-Module.
Sabine Keggenhoff: Ein breites Repertoire
Zwei Tage die Woche arbeitete sie als Bauzeichnerin, entwarf parallel bald auch Konzepte für größere Tischlereien und finanzierte sich so nicht nur das Studium, sondern konnte sich auch die Freiheit erlauben, in den Semesterferien Kenntnisse in allen für ihre späteren Tätigkeiten relevanten Bereichen – wie zum Beispiel Lichtplanung – zu erwerben. Als „großer Fan“ des Architekten Glenn Murcutt eroberte Sabine Keggenhoff für sich mit einem Stipendium an der University of New South Wales in Sydney mit Australien einen weiteren Kontinent.
Erwerb der Uneingeschränkten Bauvorlageberechtigung
Dann der erfolgreiche Abschluss des Studiums der Innenarchitektur sowie der Erwerb der Uneingeschränkten Bauvorlageberechtigung. „Allerdings durfte ich damit nicht den Titel Architektin tragen, was mich länger beschäftigt hat“, so Sabine Keggenhoff. Aber auch das sollte sich noch ändern. Via den in Nordrhein-Westfalen gültigen „Genie-Paragrafen“, der Bewertung durch einen Sachverständigenrat sowie dem Absolvieren diverser Prüfungen, erreichte sie schließlich 2016 erfolgreich auch dieses Ziel.
Roter Gestaltungsfaden
Zuvor arbeitete sie zunächst bei Merkx + Girod Architects in Amsterdam. „Dieses Büro habe ich mir gezielt ausgesucht“, erinnert sie sich, „mit einem Architekten und einer Innenarchitektin in der Geschäftsführung, die von vornherein die interdisziplinären Projekte abdeckten“. Dort lernte Sabine Keggenhoff früh, über den Tellerrand hinauszusehen, das Wissen von externen Experten hinzuzuziehen – und lösungsorientiert im Sinne des Bauherrn Kosten- und Zeitumfänge zu planen. Und: einen roten Gestaltungsfaden zu spinnen und der Grundidee in jeder Hinsicht treu zu bleiben. „Das hat meine persönliche Sichtweise auf Gestaltung und Raum innen wie außen nachhaltig geprägt!
Gründung des eigenen Büros
Zur Gründung des eigenen Büros kam es sehr viel früher als ursprünglich geplant: Während ihrer Zeit in Amsterdam bekam sie, „weil der Bauherr, die Handwerkskammer in Arnsberg, mir totales Vertrauen entgegenbrachte“, ihren ersten großen Auftrag – in Arnsberg-Neheim ist sie dann auch sesshaft geworden. Und schätzt hier, was sie als eher „städtischer Typ“ nie für möglich gehalten hatte. Die Unaufgeregtheit, das Naturnahe und die Geborgenheit. „Ein guter Standort, auch für überregionale und internationale Arbeiten“, wie Sabine Keggenhoff sagt.
Zu diesen Projekten zählen derzeit u. a. der Ausbau einer Privatjacht in Südengland, das zweigeschossige Penthouse der Elbphilharmonie, ein Office (Campus) in Rheinland-Pfalz sowie ein Flagshipstore in Moskau. Zur Professur kam sie schließlich ebenfalls anders als geplant: Ihr wurde eine sog. Drittel-Professur an der Peter Behrens School of Arts der Hochschule Düsseldorf angetragen. Hier widmet sie sich den Studierenden und dem Materiallabor, das sie von ihrer Kollegin Prof. Iris Baum übernommen hat.
Urteilsvermögen stärken
„Ich rege zum eigenen Denken an. Ich setze „Leitplanken“, versuche, den Studierenden Sicherheit mitzugeben. Ich unterstütze sie dabei, erworbenes Wissen und Fähigkeiten in ihren Entwürfen einzusetzen und zu lernen, damit räumlich umzugehen.“ Die Aufgaben, die Sabine Keggenhoff ihnen stellt, haben oft auch einen aktuellen Bezug – wie zuletzt das Thema Bauhaus. „Ich finde es wichtig, sich auch mit anderen Philosophien und Herangehensweisen auseinanderzusetzen. Das stärkt das eigene Urteilsvermögen.“ Auch Exkursionen und Messebesuche gehören zum ständigen Lehrkanon.
Einen echten Vorteil sieht sie an ihrer Hochschule darin, dass die Studierenden anfangs sowohl Architektur als auch Innenarchitektur im Curriculum haben – und sich erst im Laufe des Studiums entscheiden müssen, welche Richtung sie letztendlich nehmen.
Persönliche Entwurfshaltung
Der Nachteil des starren sechssemestrigen Bachelorstudiengangs liegt für Sabine Keggenhoff klar darin, dass oft kaum Zeit für die Sammlung von Berufserfahrungen bleibt. Die Entwicklung einer persönlichen Entwurfshaltung in diesem engen Zeitrahmen ist auch mit viel Engagement seitens der Studierenden eine große Herausforderung. Ebenso geht es Sabine Keggenhoff persönlich gegen den Strich, dass die landläufige Meinung über Innenarchitekten immer noch recht geringschätzig ist.
Bauen im Bestand
„Aufgrund der Tatsache, dass das Gros der künftigen Aufgaben für uns das Bauen im Bestand betreffen wird, müssten Innenarchitekten gefragter denn je sein.“ Sowieso, die sinnvolle Verzahnung der Disziplinen und die gegenseitige Wertschätzung sind ihr ein Anliegen. Dabei geht es auch darum, das übergeordnete Thema der Baukultur und die Bedeutung von qualitätvollem Raum in das kollektive Bewusstsein zu tragen. Für dieses Ziel setzt sie sich schon seit Jahren ganz pragmatisch ein. Im Bund Deutscher Innenarchitekten (bdia) oder auch durch die Mitentwicklung einer Baukultur Charta für Südwestfalen, die bis Ende des Jahres fertig sein soll und dazu motiviert, dass bei künftigen Projekten in der Region die Expertise von Architekten und Innenarchitekten gleichwertig hinzugezogen wird.
Haltung ist das A und O!
Eine bewegte und bewegende Frau ist Sabine Keggenhoff, unermüdlich agierend in ihren Projekten ebenso wie in der Lehre. Ein unerwartetes Freizeitvergnügen hat sie aber doch: Sie ist leidenschaftlicher Fußballfan – und, wann immer möglich, in Dortmund auf der Tribüne anzutreffen.
Klar und authentisch, wie in all in ihren Unternehmungen. Und auch das vermittelt Sabine Keggenhoff ihren Studierenden: „Mein Fazit aus dem eigenen Lebensweg: Wenn man etwas wirklich möchte, kann man vieles erreichen. Nicht korrumpierbar zu sein, ob privat oder in Projekten, ist wichtig. Haltung ist das A und O! Nicht verbohrt oder verbissen, sondern offen in alle Richtungen und mit Neugier.“
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Sabine Keggenhoff
Prof. Dipl.-Ing. Sabine Keggenhoff gründete ihr Büro Keggenhoff Partner 2001 gemeinsam mit Dipl.-Ing. Michael Than. Neben ihrer Professur ‚Entwerfen Innenarchitektur‘ und der Leitung des Materiallabors an der Fakultät Architektur und Design der Peter Behrens School of Design sowie diversen Jurytätigkeiten ist sie in verschiedenen Gremien und Verbänden engagiert.
PBSA Peter Behrens School of Arts – Hochschule Düsseldorf Fachbereiche Architektur und Design
Bachelor-Studiengang Innenarchitektur/Architektur
Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester
Abschluss: Bachelor of Arts (B.A.)
Dauer: 6 Semester
Workload: 180 ECTS
Absolventen: ca. 50 pro Jahr
Masterstudiengang: Innenarchitektur/Architektur
Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester
Abschluss: Master of Arts in Arts (M.A.)
Dauer: 4 Semester
Workload: 90 ECTS
Absolventen: ca. 40 pro Jahr