Eigentlich wäre er mit Studierenden jetzt in Dubai, auf der Weltausstellung. Ausstellungspavillons vor Ort zu erleben, sei wichtig, sagt Markus Frank, Professor für Entwurf und Raum an der TH Rosenheim. Wie überhaupt: rauszugehen und etwas mit eigenen Augen zu sehen.
Corona und die Folgen
Aber Corona hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nun sitzt der Innen/Architekt drei Tage die Woche vor dem Computer, und zwar toujours, von 9 bis 17 Uhr. Dabei gehe etwas Entscheidendes verloren, meint Markus Frank.
Nicht nur der persönliche Kontakt oder ein Gefühl für Materialitäten, was für den gelernten Schreiner noch immer die Basis darstellt für einen gestalterischen Beruf. Ihm fehle einfach das studentische Leben auf dem Campus insgesamt. Denn hier gehe es doch gar nicht so sehr um reine Wissensvermittlung. „Charakterbildung ist ein ganz wesentlicher Punkt bei uns, wir sind kein technischer oder naturwissenschaftlicher Studiengang, wir wollen die Studierenden auf ein Gleis setzen, einen Weg bereiten.“
Austausch und Diskussionen
Dazu gehörten eben auch Exkursionen, um vor Ort Dinge und Zusammenhänge anders zu begreifen und aufzunehmen. Markus Frank sagt dazu: „Den jungen Leuten die Augen öffnen.“ Nun jagt ein Videocall den anderen, eine Online-Sitzung folgt auf die nächste. Das könne es doch nicht sein. Markus Frank, Jahrgang 1963, unterrichtet seit 15 Jahren an der Technischen Hochschule Rosenheim.
Er wünscht sich mehr Austausch und Diskussionen – nicht nur zwischen Dozenten und Studierenden, sondern auch unter den angehenden Innenarchitektinnen – rund 90 % der Studierenden sind weiblich. Da habe sich tatsächlich etwas gewandelt.
„Die Studierenden sind engagiert. Was ich mir wünschte, wäre mehr Kritikfähigkeit“, sagt Markus Frank. „Es wird heute versucht, stromlinienförmig durch das Studium zu kommen. Ich wünschte mir mehr Quergeister. Die hat es früher eher gegeben.“
Markus Frank sieht sich als Coach
Markus Frank sitzt in seinem Büro und sinniert: „Widerspruch gehört dazu und Diskussionen. Da wird es für uns Coaches spannend.“ Ein schöner Gedanke und ein schönes Konzept: Als Coach aufzutreten und junge Menschen zu fördern. Frank selbst hat das in den USA kennengelernt, wo er drei Jahre als Fulbright-Stipendiat lebte.
Ursprünglich wollte er dorthin, wo jeder hin wollte: nach Kalifornien oder nach New York City, an die Cooper Union, doch er wurde in die Wüste geschickt. Buchstäblich. Im Südwesten, nahe der Grenze zu Mexiko, sei eine ganz eigene Welt, und die musste er erst schätzen lernen. „Das Reduzierte, mit wenig auskommen. Das war für mich wichtig.“
Stimmung und Atmosphäre entwickeln
Und dann sagt er etwas, das auch seine Arbeit als Innenarchitekt und Architekt prägt: „Man braucht nicht viel. “Minimalismus hat Markus Frank ausgerechnet auf dem für manche Münchner heiligen Nockherberg geschafft. Die Gastwirtschaft wurde neu gestaltet, auch, weil das klassische Wirtshaus von der jungen Generation nicht mehr so angenommen wurde.
Paulaner wollte sich neu aufstellen. Craftmäßig. Als wichtigste Aufgabe sah Frank, mit allen Beteiligten die richtige Stimmung zu entwickeln und im Raum umzusetzen, als kreative, aber auch der Tradition verhaftete Atmosphäre. Die glänzenden Sudkessel wanderten mitten in den runden Gastraum, dazu kamen lange Bänke und eine reduzierte Holzvertäfelung. „Das kann Patina bekommen“, sagt Markus Frank.
Lob dem Handwerk
Markus Frank schätzt, ja liebt das Handwerk. Natürlich, weil er selbst gelernter Schreiner ist. Dort werde die Basis geschaffen für Qualität. „Die Ausbildung an sich fehlt“, sagt Markus Frank. Bei manchen Bewerbungsgesprächen merke er, dass die jungen Leute, teilweise noch nicht einmal 18 Jahre alt, für das Studium eigentlich zu jung und zu unselbständig seien. „Ich kann es nur jedem empfehlen: Machen Sie eine Lehre, in der Sie sich mit der Thematik schon auseinandersetzen und beispielsweise das Werkzeug des CAD perfekt beherrschen lernen.“
Markus Frank vergleicht das mit einem Instrument, das man beherrschen sollte, bevor alles losgeht. Wie auf dem Salzburger Mozarteum. Dort müsse man ein Instrument spielen können. Wenn man in diesem Bild bleibt, sind die Studienanfängerinnen aufgefordert, sich das Instrument Innenarchitektur in sieben, bald acht Semestern (acht Semester sind Voraussetzung für die Kammerzulassung) anzueignen. Im Master werden sie zu Virtuosen.
Markus Frank schätzt den Dialog
Worauf kommt es dafür an, neben praktischen Fähigkeiten und CAD-Kenntnissen? Markus Frank schätzt den Dialog. „Durch das Gespräch werden die Studierenden sensibler in der Wahrnehmung für Architektur, Gestaltung, Proportionen oder Schönheit“, sagt er.
Schließlich gehe es um etwas, das später auch die Gesellschaft betrifft. Ein Gespür für Zwischentöne und Orte, regionale Besonderheiten und Qualitäten. „Atmosphäre ist mir extrem wichtig. Das ist ja unser Ziel in der Innenarchitektur: Räume zu schaffen, die unterschiedliche Atmosphären haben.“
Lob der Zusammenarbeit
In Rosenheim, einem Mittelzentrum mit 63 000 Einwohnern unmittelbar am Rand der Alpen, hat sich die dortige Hochschule einer fast familiären Atmosphäre verschrieben. Auch wenn er dieses Jahr nicht am Prestige-Projekt der Hochschule, dem Pavillon für den Solar Decathlon, mitarbeitet, schätzt Markus Frank den interdisziplinären Austausch mit anderen Fachrichtungen des Innenausbaus und der Materialtechnologie (Holztechnik, Kunststofftechnik).
Vernetzung und Austausch
Nicht zuletzt bietet das Angebot von Architektur und Innenarchitektur in einer Fakultät die Gelegenheit für ganzheitliche Herangehensweisen.“ Das erstreckt sich auf alle Bereiche. Sehr wichtig – man ahnt es schon – ist Markus Frank die Vernetzung und der Austausch unter den rund 85 Studierenden vor dem Bachelor und den 17 Studierenden des Master-Studiums.
„In den USA hat jeder sein Studio, hier in Rosenheim kämpfen wir dafür, Studierenden Räume an der Uni anzubieten“, sagt Markus Frank. Hier trennt sich oft die Spreu vom Weizen. Die, die solche Räume in Anspruch nähmen, seien oft auch die Engagierten. Die säßen noch um 21 Uhr an den Computern und seien auch spontan da. Die anderen kommen aus der Region, oft aus München, machten ganz schnell die Korrekturen und säßen gleich wieder im Auto oder im Zug. „Das studentische Leben geht dann verloren, aber das ist ja ohnehin gerade verloren gegangen, da keiner mehr da ist.“
Dinge eigenständig Lösen
Was also verlangt Markus Frank von den Neuen? „Wir erwarten ein hohes Maß an Neugier, Mut auf Neues und den Willen, die unmittelbare Umwelt aktiv mitzugestalten.“ Dazu komme die „Fähigkeit, eigene Gedanken und Ideen zu entwickeln und Dinge neu und eigenständig zu interpretieren.“ Ein Augenblick Pause. Dann sagt der Coach: „Ein hohes Maß an kreativer Begabung sollte natürlich vorhanden sein.“ Dafür revanchiert sich Markus Frank mit „viel Lob und einem höflichen und wertschätzenden Miteinander.“
Männer seien übrigens ausdrücklich aufgefordert, sich in Rosenheim zu bewerben. Markus Frank selbst hatte nie mit einer Unikarriere geliebäugelt. Es war eher ein Zufall, da immer wieder Studierende aus Rosenheim in seinem Büro in Eggenfelden landeten. Dann entdeckte er eine Stellenausschreibung in der „Zeit“ und bewarb sich. Das war vor 15 Jahren. Büro und Uni laufen seither parallel. Sein Ziel bleibt: „Das Wissen, das ich in der Praxis jeden Tag aufs Neue erfahre, weiterzugeben.“
Weitere Hochschullehrer im Portrait
Markus Frank
Nach Ausbildung zum Schreiner 1985 bis 1990 absolvierte Markus Frank ein Studium an der Hochschule in Rosenheim (Dipl. Ing.), 1990 bis 1993 Aufbaustudium Architektur an der University of New Mexico in Albuquerque (Master of Architecture). 1993 Gründung des Büros Frank Architekten, Architektur / Innenarchitektur. Seit 2004 Professor für Entwurf an der Fakultät IAD, Innenarchitektur, Architektur und Design an der TH Rosenheim.
Technische Hochschule Rosenheim – Fachbereich Architektur und Gestaltung
Bachelor-Studiengang Innenarchitektur
Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester
Abschluss: Bachelor of Arts (B. A.)
Dauer: 7 Semester / künftig 8 Semester
Workload: 30 CP/Semester
Absolventen: ca. 30–40 pro Jahr
Masterstudiengang
Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester
Abschluss: Master of Arts (M. A.)
Dauer: 3 Semester
Workload: 30 CP/Semester
Absolventen: ca. 10 pro Jahr