1 Monat GRATIS testen, danach für nur 7,50€/Monat!
Home » Menschen » Innenarchitekten »

Raumkontor: Andrea Weitz und Jens Wendland Innenarchitekten

Im Gespräch mit Andrea Weitz und Jens Wendland
Raumkontor

Andrea Weitz und Jens Wendland führen seit 30 Jahren ihr Innenarchitekturbüro Raumkontor in Düsseldorf. Einer ihrer Schwerpunkte: Arbeitswelten. Ein Gespräch über Farbgestaltung, zufriedene Kunden und das Büro als Wohnzimmer.

Interview: Katharina Feuer

Arbeitsräume wirken zurzeit entweder wie ein Wohnzimmer – gemütlich und cozy – oder sie fallen groß, steril und teilweise kalt aus. Zwischen diesen Extremen bewegt sich die Gestaltung. Nehmen Sie das auch so wahr?

Andrea Weitz: Es gibt immer noch Arbeitgeber, die den Mehrwert bewusst gestalteter Arbeitsszenarien für ihr Unternehmen nicht realisiert haben. Die Planung reduziert sich häufig auf das Aufstellen von Möbeln. Die Wirksamkeit einer ganzheitlichen Raumgestaltung entsteht so nicht. Oft führt das zu einer kühlen Ausstrahlung. Einzelmaßnahmen wie eine Mooswand oder Ähnliches helfen nicht. Und dann gibt es die innovativ konzipierten, auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter und Firmen ausgerichteten Arbeitswelten.

Jens Wendland: Hier kommen in der Regel Innenarchitekten ins Spiel – möglichst schon in der frühen Projektphase, um bereits im Vorfeld das Optionsspektrum aufzuweiten.

Andrea Weitz: Aus diesem Ansatz ergeben sich viele gestalterische Interpretationsmöglichkeiten – für uns aber keine Klischeebilder, sondern individuell konfigurierte Gestaltungsantworten: auf einen Ort, auf die Art des Arbeitens, auf die Leitbilder eines Unternehmens. Das Hyggelige, das mit dem Begriff der Gemütlichkeit verknüpft wird, kann man einfließen lassen. Aber es ist vielleicht schon etwas überstrapaziert.

Welche Vor- und Nachteile ergeben sich aus diesen beiden Extremen?

Jens Wendland: Wir bei Raumkontor leben den Ansatz individueller Konzeptentwicklungen mit starkem Charakter. Wir sind keine Nur-Möblierer. Am Anfang eines Projekts fragen wir aufmerksam: Welche Anknüpfungspunkte bieten der Ort und das Gebäude? In Workshops saugen wir die Bedürfnisse und Anforderungen der Mitarbeiter auf. Welche Themen und Botschaften der Unternehmensidentität lassen sich in Räumen und damit verbunden in Arbeits- und Kommunikationsstrukturen abbilden? Hand in Hand entsteht die gestalterische Dimension.

Andrea Weitz: Wir stellen die Menschen in ihrer Individualität ins Zentrum und machen ihnen am Arbeitsort vielfältige Angebote. Momente des Rückzugs sind wichtig, entspanntes Plaudern, heftig miteinander feiern, konzentriert in einem Team um eine Lösung ringen – all das darf und sollte in einem Büro möglich sein.

Riesige Fläche vs. kleine Fläche – was gilt es zu beachten?

Jens Wendland: Wenn Menschen miteinander agieren, müssen die Rahmenbedingungen auf urmenschliche Bedürfnisse abgestimmt sein. Räumliche Offenheit ist super für die Kommunikation, darf aber nicht mit Ungeschütztheit verwechselt werden. Wir machen gute Erfahrungen mit Raumsituationen, in denen sich maximal acht bis zehn Personen sehen. In dieser Größenordnung lässt sich die Raumakustik optimal steuern. Je größer ein Büro ist – und wir planen auch Flächen für mehrere hundert Mitarbeiter – desto wichtiger sind differenzierte Angebote für spezielle Arbeits- und Kommunikationssituationen.

Welche Gestaltungsansätze fürs Büro zeigen sich bei Ihrer Innenarchitektur?

Andrea Weitz: Bei Raumkontor gibt es kein wiederkehrendes Schema. Wir wärmen keine bereits praktizierten Gestaltungsmuster wieder auf. Wir versuchen Bauherren dafür zu begeistern, mit uns etwas Neues zu wagen. Wir lieben die Abweichung von vertrauten innenarchitektonischen Standardansätzen. Im Gespräch entwickeln sich dann gestalterische Schwerpunkte. Das kann beispielsweise Farbe sein. Wir sind leidenschaftliche Farbfans.

Jens Wendland: Anspielungsreiche Storys sind ein dankbarer Ansatz – identitätsstiftend und ein guter Start für viele Gespräche. Künstlerische Interventionen haben eine intensive Ausstrahlung. Achtsamkeit ist ein starkes Thema, das sich auf die Auswahl nachhaltiger Materialien auswirkt. Kurzum: Wir verstehen uns als Ideengeber, als Finder und Erfinder.

Was wollen Sie mit Ihrer Gestaltung erreichen?

Jens Wendland: Wir nehmen Leben und Arbeiten in unserem eigenen Alltag nicht als Gegensatz wahr. Wir erleben, wie viel Spaß dieses Ineinanderfallen unterschiedlicher Sphären mit sich bringt. Wir erleben, wie erfüllend und stärkend es ist. Diese Empfindung möchten wir teilen.

Das Gestalten von Räumen ist unser Beitrag dazu. Ein gut gestaltetes Büro ist lebendig, ist ein Ort des Austauschs. Es versprüht Esprit und lädt dazu ein, dass sich Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund für eine gemeinsame Sache engagieren. Eine solche lebensbejahende Sicht ist für uns ein guter Ausgangspunkt, um sich gesellschaftlich einzubringen.

Wie sehr integrieren Sie den Kunden in die Planung? Wo gibt es Grenzen?

Andrea Weitz: Kunden wählen uns nicht zufällig aus – sie schätzen unsere Haltung. Es fällt uns leicht, sie mit einzubeziehen – ihre Impulse bereichern die Projekte immer. Wir haben selten eine Carte blanche, sondern erklären unsere Ideen und argumentieren nachvollziehbar. Das gelingt uns selbst bei verrückten, eher künstlerisch-szenografischen Ansätzen. Wir genießen viel Vertrauen. Das liegt daran, dass wir bis ins letzte Detail akribisch sind.

Wann kann ein Open Space Ihrer Meinung nach gut funktionieren?

Jens Wendland: Open Spaces funktionieren ausgezeichnet, wenn man ihre Begrenztheit kennt und akzeptiert. Sie sind keine Allrounder für alle Arbeitssituationen, sondern ein Baustein in einem komplexen Set von Angeboten. Sinnvoll, erfüllt und effizient arbeiten ist zwingend mit einem Grundmodus der Agilität verbunden. Beweglichkeit im körperlichen und übertragenen Sinn ist die Grundidee eines funktionierenden Arbeitstages – und damit auch das Rückgrat einer Büro-Konzeption.

Die Farbgestaltung spielt in Ihren Entwürfen eine zentrale Rolle. Wie gehen Sie bei der Auswahl vor?

Andrea Weitz: Die Vielfalt der Farben in einem Projekt hat etwas spielerisch Unbekümmertes. Diese Leichtigkeit entsteht erst durch eine präzise Planung. Wir definieren jede Farbfläche und verorten sie räumlich ausgewogen. Durch Farbverknüpfungen entstehen, auch über Räume hinweg, Farbklangnetze mit unterschiedlichen Zentren.

Jens Wendland: Persönliche Neigungen sind für unsere Arbeit mit Farbe im Raum absolut nachrangig. Farben sind die Antwort auf eine architektonische Situation und auf die Menschen, die einen Raum nutzen. Sie sind Impulsgeber, verstärken räumliche Effekte oder beruhigen Szenen. Für uns hat eine bestimmte Farbe keine definierte Wirkung. Es ist der Kontext, aus dem heraus sich die Wirksamkeit einer Farbe entfaltet. Das ist die Herausforderung – und das macht das Vergnügen aus.

Welches war das schönste Kompliment eines Kunden?

Andrea Weitz: Bei der Eröffnung eines Projekts stand ich neben einem begeisterten Kunden, der den Gästen erzählte, dass alle Ideen von ihm waren. Wenn so viel Identifikation mit unserer Gestaltung entsteht, stehen wir von Raumkontor gerne in der zweiten Reihe.

Jens Wendland: Zu erleben, dass Mitarbeiter bis spät in der Nacht im Bistro ihres Büros beim Feierabendbier zusammensitzen und über Gott und die Welt reden – dann scheint an einem solchen Ort etwas dran zu sein.

Haben Sie ein Lieblingsprojekt? Welches? Warum?

Jens Wendland: Bei Projekten geht es mir so ähnlich wie mit meinen Kindern: Es gibt kein Lieblingskind. Aber es gibt Momente, in denen man sich für unterschiedliche Ausstrahlungsaspekte begeistert. Die rosa-pastellfarbige monochrome Eindeutigkeit des Bistros in einem Büroprojekt in München. Die lebhafte Farbvielfalt eines Projekts in Hamburg erzeugt bei mir gute Laune. Oder der Ansatz, unter Nachhaltigkeitsaspekten ortsansässige Designer und Produzenten einzubeziehen wie in einem Berliner Projekt geschehen.

Andrea Weitz: Ich mag es, wenn es gestalterisch richtig kracht. Deshalb liebe ich unsere Inszenierungen auf Messen. Oder auf der Fuorisalone, hier allen voran Chromatic, ein schwarzer Klangraum voller tanzender Chromblitze und im Nebel schwebender Textprojektionen.

Wo laden Sie Ihren Akku wieder auf?

Jens Wendland: Mein Akku-Füller ist die Begegnung mit Kunst – das hält mich wach.

Andrea Weitz: Ich bin der Reise-Typ. Eintauchen in andere Welten ist so unendlich inspirierend!


Raumkontor

Andrea Weitz (Jg. 1963) und Jens Wendland (Jg. 1959) studierten beide an der FH Düsseldorf Innenarchitektur. 1993 gründeten sie ihr Büro raumkontor Innenarchitektur. Wendland hatte für zehn Jahre eine Professur an der Hochschule Kaiserslautern inne. 2016 folgte direkt die Professur an der Peter Behrens School of Arts Düsseldorf.

Webseite des Büros

Weitere Porträts finden Sie hier

Anzeige
Top-Thema
Anzeige

Neueste Beiträge
Elementar
Armaturenkollektion aus Edelstahl von der Zucchetti Rubinetteria S.p.A.
Elementar
Titelbild md 03-04
Ausgabe
03-04.2024 kaufen
EINZELHEFT
ABO

Architektur Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Architektur-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum arcguide Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des arcguide Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de