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Charles Rennie Mackintosh

150 Jahre bewegende Innen/Architektur
Charles Rennie Mackintosh

Innenarchitekt, Architekt und Designer: Charles Rennie Mackintosh ist immer noch Schottlands bekanntester Baumeister. Seine Bauten sind Gesamtkunstwerke. md-Autor Rolf Mauer auf Spurensuche in Glasgow.

Autor Rolf Mauer

Um die Wende zum 20. Jahrhundert entstanden eine Reihe gestalterischer und gesellschaftlicher Reformbewegungen, die international prägend wurden. In Großbritannien, dem am stärksten industrialisierten Land, wurde als Reaktion auf die drastischen Folgen der Industrialisierung die Idee der Gartenstädte populär und die das künstlerische Handwerk belebende Arts-and- Crafts-Bewegung setzte sich durch. Beides ist bis heute tief im gesellschaftlichen Leben Großbritanniens verwurzelt.

Die industrielle Revolution hatte weite Kreise des Bürgertums verunsichert, deren etablierte Lebenskultur von der Arts-and-Crafts-Bewegung hinterfragt wurde. Alternative Wohn- und Lebenskonzepte wurde von einer kleinen Gruppe von Reformern entwickelt, um den Missständen der Industrialisierung zu begegnen und der Verstädterung entgegenzuwirken. Glasgow war während der Jahrhundertwende ein zentraler Umschlagplatz im Handel mit den britischen Kolonien und galt als „zweite Stadt des Empire“. Die Stadt florierte und so konnte sich, finanziert von der bürgerlichen Oberschicht der Stadt, eine Künstlerszene etablieren, die nachhaltigen Einfluss haben sollte.

Für Charles Rennie Mackintosh, heute immer noch der bekannteste Architekt und Designer Schottlands, war die Jahrhundertwende die Zeit großer Erfolge. Der 1868 in Glasgow geborene Sohn eines Polizisten zeigte sehr früh künstlerisches Talent, wirkte als Architekt, Innenarchitekt und Designer und ließ sich von keiner dieser Professionen einengen. Eine sehenswerte, noch bis August laufende Ausstellung in der Kelvingrove Art Gallery im schottischen Glasgow zeigt nicht nur die vielen Talente von Mackintosh, sie widmet sich auch seinem künstlerischen Umfeld.

Von Japan inspiriert

Charles Rennie Mackintosh und sein Kollege Herbert MacNair lernten die beiden Schwestern Margaret und Frances MacDonald kennen und wurden zur Künstlergruppe The Four. Gemeinsam prägten sie mit ihren avantgardistischen Arbeiten den Glasgow Style mit seinen starken Einflüssen keltischer und japanischer Kunst. Das sorgte international für Aufsehen. Als einer der Begründer und ersten Praktiker dieser modernen Bewegung arbeitete er zu einer Zeit, als die Architektur stark ornamentiert war – man muss nur die Unterschiede in den Planungen für die Glasgow School of Art und für das Kelvingrove Museum betrachten, die beide zur gleichen Zeit gebaut wurden.

Trotz internationaler Anerkennung und wirtschaftlichem Erfolg blieben seine herausragenden Entwürfe und Bauten ohne Breitenwirkung und nicht ohne Widerspruch. Über seinen Entwurf für die ‚Glasgow School of Art‘ in der Renfrew Street, die sein berühmtestes und größtes Gebäude werden sollte, schrieb 1895 ein Journalist des Glasgow Herald: „Ich kann nicht erkennen, dass diese Art von Architektur permanente Bewunderung erregen wird.“ Mehr als ein Jahrhundert später wurde die ‚Glasgow School of Art‘ zum besten Bauwerk Großbritanniens der letzten 175 Jahre gewählt. Aktuell ist das Gebäude mit der dunklen, zweistöckigen, vom Japonismus inspirierten Bibliothek aufgrund eines Brandschadens im Jahr 2014 vollständig eingerüstet und wird erst 2019 wieder in alter Pracht sichtbar sein.

Bedeutsam sind Mackintoshs Möbelentwürfe. Sie machten ihn als Designer bekannt. 1897 entwarf er den Stuhl ‚Argyle‘, einen klassischen Stuhl mit überhöhter Lehne in schwarzer Lackierung und typischen Jugendstilelementen. Die grazile, schlanke Form der Hölzer übernimmt Anleihen aus dem aufkommenden Stahlbau mit seinen schmalen Profilen. Der 1902 entstandene ‚Hill House‘- Stuhl zeigt die für Mackintosh typische strenge Geometrie, die von der abstrakten Grafik des japanischen Designs inspiriert wurde. Bemerkenswert in Mackintoshs Werk ist der durchdachte Übergang des Gebäudeentwurfs in die Innenarchitektur. Mackintoshs Möbelentwürfe spielen geschickt mit dem Lichteinfall, seine Möbeloberflächen erzeugen dreidimensionale figürliche Eindrücke.

Am besten kann man das im ‚House for an Art Lover‘ sehen. Hier geht der Entwurf bis in die dekorativen Muster der Teppiche über. Der Raum wurde mit den Möbeln und gleichzeitig für die Möbel entworfen. Der Neubau aus den 1990er-Jahren im Bellahouston Park in Glasgow wurde weitestgehend nach Plänen von Charles Rennie Mackintosh und seiner Frau Margaret MacDonald Mackintosh errichtet. Grundlage waren die Zeichnungen und Pläne zum 1901 ausgeschriebenen Wettbewerb ‚Haus eines Kunstfreunds‘ der deutschen Zeitschrift Innen-Dekoration. In der Jury saßen unter anderen Joseph Maria Olbrich, Otto Wagner, Henry van der Velde, Paul Wallot und der Verleger Alexander Koch. Mackintosh gewann zwar keinen Preis mit seinem Entwurf, erregte jedoch großes Aufsehen mit seinen Ideen.

Von Innen nach Aussen

Charles Rennie Mackintosh ist der herausragende Architekt seiner Generation in Großbritannien, obwohl er relativ wenige Gebäude tatsächlich gebaut hat. Sein letztes Gebäude entstand 1910. Bereits zu Lebzeiten galt der 1928 verstorbene Architekt selbst in Glasgow als vergessen. Sein Wohnhaus riss die Stadt 1963 ab und baute später, nur einen Steinwurf entfernt, ein Surrogat von wenigen Räumen weitgehend originalgetreu wieder auf. Die Räume sind Teil der Hunterian Art Gallery auf dem Universitätsgelände. Leider ist ein Besuch nur im Rahmen von Führungen möglich, die interessierte Besucher in 25 Minuten auf eine eilige Parforcejagd durch die Architektur treiben.

Vieles an Mackintoshs Entwürfen wirkt zeitlos. Seine Entwürfe und Bauten, wie zum Beispiel das ‚Hill House‘ im schottischen Helensburgh können nicht eindeutig einer architektonischen Stilrichtung zugeschrieben werden. Seine Entwürfe sind bis heute aktuell, seine Originalität bleibt eine Inspiration.

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