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Gerhard Landau

Ein Gespräch über Instagram, leere Tische und die Hotelbranche
Gerhard Landau

Warum ein Bildausschnitt auf Instagram nichts über die Qualität eines Raumes aussagt und warum der Architekt und Interior Designer Gerhard Landau seine Gestaltung als maßgeschneiderten Anzug der Hotelbranche bezeichnet, erfahren Sie in diesem Interview.

Interview Katharina Feuer

Herr Landau, Sie kommen frisch aus dem Urlaub. Wo waren Sie?

Gerhard Landau: Wir fahren seit zehn Jahren nach Südfrankreich. Dieses Jahr haben wir im ‚Lily of the Valley‘ (Maiglöckchen) gewohnt. Das Fünf-Sterne-Hotel von Philippe Starck wurde erst im Mai neu eröffnet und fügt sich wunderbar in die Landschaft ein.

Kann man als Architekt und Interior Designer überhaupt den Urlaub genießen oder schaut man die ganze Zeit nach Dingen, die nicht funktionieren?

Gerhard Landau: Reisen ist für mich Inspiration insofern kann ich wunderbar entspannen. Außerdem fand ich speziell in diesem Hotel so viele durchdachte Elemente, dass es eine wahre Freude war. Philippe Starck hat wirklich bis zur WC-Trennwand und der Seife, die ins Waschbecken tropft, an alles gedacht.

Worauf achten Sie besonders?

Gerhard Landau: Auf die Details. Wie sie im Raumkontext funktionieren. Ich schaue mir alles im 360°-Rundumblick an. Wie Licht, Akustik und die Verarbeitung der Materialien ein hochwertiges Gesamtbild ergeben.

Wir sind mittlerweile alle durch Instagram geschädigt und kennen diese Bildausschnitte eines Raumes zur Genüge. Mir ist es wichtig zu schauen, ob die Einzelteile auch im Gesamten funktionieren.

Testen Sie Ihre eigenen Hotels?

Gerhard Landau: Selbstverständlich. Wir prüfen bei unseren Probenächten, ob das alles funktioniert, was wir uns im Vorfeld überlegt haben. Ob es Sinn macht. Auch hier stehen die Details entscheidend auf dem Prüfstand.

Meist spricht man ja über das, was nicht funktioniert. Welche Fehler sollte man definitiv vermeiden?

Gerhard Landau: Das fängt damit an, ob ich im Hotelrestaurant die Karte lesen kann oder ob mir Downlights einen Schatten unter die Augen zaubern. Das geht weiter mit der Akustik. Verstehe ich mein Gegenüber? Ist der Sessel durchgesessen? Wurde mit authentischen Materialien gearbeitet? In den Zimmern liegen offene Bäderlandschaften im Trend – für eine Nacht ist das ganz nett. Wenn ich mit meiner Frau vier Tage in einem Hotel bin, ist es eher lästig, im Wassernebel zu stehen.

In Ihrem Büro, das Sie seit 1994 mit Ihrem Geschäftspartner und Freund Ludwig Kindelbacher führen, arbeiten 70 Mitarbeiter. Inwieweit können Sie bei dieser Größe noch auf Details in den einzelnen Projekten eingehen?

Gerhard Landau: Wir haben uns bewusst entschieden, nicht weiter zu wachsen, trotz sehr guter Auftragslage. Ich liebe meinen Beruf und freue mich nach dem Urlaub aufs Büro, eben weil ich die Freiheit habe, die Projekte selbst zu entwerfen. Dazu steht extra in meinem Büro ein großer, leerer Tisch. Ich habe mich freigeräumt. Also ja, ich gehe auf Details ein, das muss ich sogar. Wir bewegen uns schließlich im Luxussegment. Gäste zahlen teilweise 400 bis 500 Euro für eine Nacht.

Beschreiben Sie Ihre Gestaltung.

Gerhard Landau: Wir sind der maßgeschneiderte Anzug der Hotelbranche.

Das heißt?

Gerhard Landau: Bei uns gibt‘s nicht den letzten Schrei. Keine fancy Tapete im Zeitgeist. Wir entwerfen auch im Sinne der Nachhaltigkeit zeitlos, hochwertig, ein bisschen konservativ und dennoch überraschen wir gerne mit Details.

Zeitlos entwerfen – ist das möglich?

Gerhard Landau: Bedingt. Man ist immer das Kind seiner Zeit. Aber nach zehn, spätestens 15 Jahren müssen die Zimmer sowieso renoviert werden. Wie gesagt, in diesem Preissegment verzeiht Ihnen kein Gast, wenn der Teppich abgenutzt oder der Rand des Waschbeckens speckig ist.

Sie erwähnten eingangs Instagram. Sind Social-Media-Tools für Ihre Arbeit relevant?

Gerhard Landau: Ich bin jetzt 54 und füge mich der Zeit (lacht). Wir haben diverse Magazine im Abo, aber meine jüngeren Kollegen sind nur noch online unterwegs.
Wo früher Moodboards waren, finde ich heute tausend Bildschnipsel aus dem Netz. Wo früher noch 3D-Modelle gebaut wurden, um zu schauen, ob etwas funktioniert, gibt es heute täuschend echte Renderings. Ich finde das nicht immer gut, aber ich weiß auch, dass man das Rad der Zeit nicht zurückdrehen kann.

Die virtuelle Welt hat also auch bei Ihnen Einzug gehalten. Welche Rolle spielen Materialien in Ihrer Arbeit?

Gerhard Landau: Eine immens wichtige! Wenn Sie in unser Büro kommen, sehen Sie unfassbar viele Muster, Stoffe, Furniere, ganze Teile von Möbeln. Wir schauen und vor allen Dingen fassen wir alles an. Da muss jedes Detail passen. Nein, es muss perfekt sein.

Woher kommen Ihre Werkstoffe? Arbeiten Sie mit lokalen Zulieferern?

Gerhard Landau: Eins vorweg: Ich halte nicht viel von diesem Greenwashing, was zurzeit mit Fleiß betrieben wird. Entweder lebt man es konsequent und richtig, oder lässt es bleiben, sonst macht man sich unglaubwürdig.

Verstanden. Welchen Weg haben Sie also eingeschlagen?

Gerhard Landau: Wir haben einen Zulieferradius von etwa 120 km und arbeiten mit lokalen Handwerkern zusammen. Und ich kann ja selbst im Entwurf schon festlegen, ob der Marmor aus Brasilien oder von hier kommt. Aber natürlich sind manche Zulieferketten nicht komplett transparent. Man muss auch vertrauen können.

Welche Herausforderungen sehen Sie in der Zukunft für sich als Architekt und Interior Designer sowie als Geschäftsführer?

Gerhard Landau: Das sind für mich drei Themen.

  1. Personal. Wenn ich ein gutes Team langfristig aufbauen und halten will, muss ich mich um die Belange meiner Mitarbeiter kümmern. Work-Life-Balance ist für uns daher nicht nur ‧eine Worthülse, sondern wir praktizieren das.
  2. Die Ökonomisierung der Projekte. Mittlerweile sitzt in den Unternehmen immer ein Controller mit dem Rotstift, der Budgets zusammenstreicht. Zudem stehen wir quasi mit einem Bein im Gefängnis, bedingt durch Gewährleistungen, wachsende Vorschriften und Normen. Vielleicht ändert sich das mit dem Generationenwechsel.
  3. Die Geschwindigkeit, mit der Projekte mittlerweile durchgepeitscht werden sollen. Ganz klar passieren durch diesen Zeitdruck mehr Fehler. Das ist unnötig. Gut Ding braucht Weile.

Warum haben Sie den Beruf des Innenarchitekten gewählt?

Gerhard Landau: Die Leidenschaft für Architektur und Gestaltung habe ich bereits als Kind entwickelt und ganze Städte aus Lego gebaut. Aber meine Eltern standen diesem Traum als erfahrene Bauunternehmer skeptisch gegenüber. Ich sollte etwas ‘Sicheres‘ machen. Das ging so weit, dass meine Mutter die Immatrikulationsbescheinigung versteckt hat. Erst nach drei quälenden Semestern als BWL-Student hat sie sie wieder aus der Schublade gezaubert. Ich konnte sie bald überzeugen, dass ich durchaus Talent und damit eine Perspektive habe.


Foto: Ortwin Klipp

Mit Legosteinen fing alles in den 1970er-Jahren an. 1990 schloss Gerhard Landau (Jg. 1965, re.) sein Studium der Architektur an der FH München ab. Es folgte ein zweijähriger Aufenthalt bei Michael Hopkins + Partners in London. Landau gründete 1994 mit seinem Geschäftspartner Ludwig Kindelbacher (Jg. 1965) das gemeinsame Büro Landau + Kindelbacher Architekten und Innenarchitekten. Ihre Schwerpunkte: Office, Wohnen, Interior Design, Hospitality.

Am Gardasee entstand eine Villa gestaltet von Landau + Kindelbacher

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