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Der Erfinderdesigner Rongya Xie

Letter from Shanghai
Der Erfinderdesigner Rongya Xie

Seine innovativen Produkte öffnen den globalen Markt für chinesisches Design. Seine integrierten Designkonzepte und Geschäftsmodelle bringen taiwanesische Industrieunternehmen nach vorne: Rongya Xie räumt alle internationalen Designpreise ab und gilt als einer der erfolgreichsten Designer Chinas.

Jamy Yang: Neugierde ist der beste Lehrmeister für eine dauerhafte Passion. Was treibt Sie an?

Rongya Xie: Seit meiner Kindheit beschäftige ich mich mit Malerei sowie mit natürlichen und übernatürlichen Phänomenen. Das heißt, ich beobachte und analysiere aus Leidenschaft. Ehe ich bei Acer anheuerte, wusste ich nicht einmal, dass es so etwas wie Industriedesign gibt. Aber das ist genau mein Ding: Ich analysiere die Produkte der Konkurrenz, indem ich sie in ihre einzelnen Komponenten zerlege.

Mir wird immer wieder gesagt, ich sei eigentlich eher ein Erfinder als ein Designer. Das entspricht genau meinem Kindheitstraum. Ich denke deshalb darüber nach, wie ich meine Fähigkeiten als Erfinder stärker in den Designprozess einbringen kann. Damit mein Produkt nicht nur in ästhetischer und technischer Hinsicht die Marktanforderungen erfüllt, sondern zugleich eine Innovation beinhaltet. Meine internationalen Auszeichnungen zeigen, wie einfach es ist, von der internationalen Designcommunity anerkannt zu werden, solange Erfindungsgeist und Serientauglichkeit beziehungsweise Ratio und Sensibilität mit modernster Technologie verknüpft werden.

Yang: Welche ethischen Maßstäbe legen Sie Ihrer Arbeit zugrunde?

Rongya Xie: Verantwortungsbewusstsein. Das geht vermutlich auf meine Familie zurück. Mein Vater ist Pfarrer, und meine Eltern haben mir immer gesagt, dass man seine persönliche Verantwortung am Anspruch der anderen orientieren muss. Das ist mein Wertesystem, egal ob als Designer oder Privatmensch.

Mein Schwerpunkt liegt zwar im Informationsmanagement. Gleichwohl engagiere ich mich nach wie vor für ein von Verantwortung und Sendungsbewusstsein geprägtes Industriedesign. Ich bin während des Wirtschaftsaufschwungs in Taiwan aufgewachsen. Unsere Generation ist geprägt von wirtschaftspolitischen Vorgaben: “Wenn die Industrie boomt, geht es deinem Heimatland besser!“ Bereits in der Schule lernten wir, dass wir uns am industriellen Aufbau beteiligen sollen. Seit dieser Zeit bin ich davon überzeugt, dass Industriedesign in Taiwan das Leben verbessern und die Wirtschaft voranbringen kann. Insofern ist es nicht weiter erstaunlich, dass ich irgendwann beschloss, von der Wirtschaft zum Industriedesign zu wechseln. Die interdisziplinäre Erfahrung erweitert meinen Horizont. Ich entwickle Zukunftsszenarien unter Berücksichtigung der globalen wirtschaftlichen Entwicklung und versuche, Veränderungen im Lebensstil zu antizipieren. Die Perspektive des Erfinders hilft mir herauszufinden, in welche Richtung sich Design bewegt und welche Verantwortung ich dafür habe.

Yang: Einer Ihrer Schwerpunkte ist Design als Dienstleistung. Welchen Zusatznutzen muss Design über die Produktgestaltung hinaus leisten?

Rongya Xie: Als ich bei Duck Image anfing, ging es noch um das reine Produktdesign. Das änderte sich bereits im darauffolgenden Jahr. Das Gestaltungsspektrum wurde breiter. Neben dem reinen Produkt umfasste der Designauftrag auch Verpackung und Displays sowie Produktionsanlagen, wobei der Fokus stets auf der Schnittstelle zwischen Verbraucher und Produkt lag. 15 Jahre nach der Gründung des Unternehmens begannen wir, unseren Kunden eine Art Design-Servicepaket anzubieten, inklusive unserer Erfahrungen mit der für das Produkt angepeilten Konsumentengruppe.

Als wir dann im Jahr 2010 die Gixia Group aufbauten, implementierten wir dort das Konzept des “Service-Design” und bauten es kontinuierlich aus. Unser Ziel ist die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle in Taiwan. Unsere Dienstleistungen umfassen Design-Consultancy und Teilhaberschaften an den Unternehmen unserer Kunden. Darüber hinaus haben wir innerhalb der Unternehmensgruppe eine eigene Marke etabliert, unter der wir ein Küchenprogramm auf den Markt gebracht haben. Derzeit bündeln wir unsere Erfahrung von mehr als 20 Jahren. Wir sind in der Lage, unabhängigen Investoren anspruchsvolles Design anzubieten.

Yang: Im Westen weiß man nicht so recht, was man sich unter zeitgenössischem chinesischem Design vorstellen soll. Das gilt besonders für das Produktdesign. Wie denken Sie darüber?

Rongya Xie: Das sehe ich auch so. Chinesisches Design verkörpert keinen eigenen Stil. Taiwanesische Designer bemühen sich zwar schon lange um eine eigene chinesische Designsprache, aber bislang haben von den fernöstlichen Nationen nur Japan und Südkorea einen eigenen Weg gefunden. In Japan fließen kulturelle Elemente in einem sehr frühen Stadium in den Gestaltungsprozess ein und folgen einer eigenen Logik. In Südkorea vollzieht sich der Umbruch in die Moderne, indem das Land auf die Integration wichtiger Kulturträger setzt: Tourismus, Literatur, Theater, Design. Auch hat die eigenständige Ästhetik seiner Industrieprodukte das nationale Selbstverständnis des Landes erheblich gestärkt. Eine Leistung, die von Einzelpersonen in so kurzer Zeit nicht erbracht werden kann.

Tiefgreifende Kenntnis von Kultur und Lifestyle sowie Sensibilität und Professionalität des Designers spielen eine wichtige Rolle. Ich bin überzeugt, dass wir aus langjähriger Erfahrung und durch Experiment zu unserer eigenen Designsprache finden werden. Vermutlich verfügt die Gixia Group in Taiwan über eines der wenigen Designteams, die sich darum bemühen. Bei unseren preisgekrönten Produktdesigns haben wir häufig fernöstliche Elemente eingebracht. Aufgrund der taiwanesischen Kulturgeschichte hat sich dort bislang kein eigenständiges Design entwickelt, sondern ein Mix aus eigenen und ausländischen Elementen. Das chinesische Festland bietet mehr Chancen, einen eigenen Stil zu entwickeln.

Yang: Welche Projekte haben Sie in letzter Zeit verwirklicht?

Rongya Xie: Mir liegen zwei am Herzen. Zum einen das ‚Butter Knife‘, ein Buttermesser mit Wärmeleiter. Dabei wird die Wärme der Hand auf die Messerklinge übertragen und so eine Temperatur von über 30° C erzeugt. Ich habe dieses Produkt für Gixia entwickelt, weil es auf modernster Materialtechnik basiert und keinen Strom verbraucht. Zum anderen die interaktive LED-‚Emotional Candle‘. In jeder Kerze befindet sich eine Induktionsspule, die digitale Impulse austauscht. Wenn man eine Kerze “anzündet”, werden auch die anderen Kerzen “angesteckt”. Warum nicht ein künstliches Lichtermeer inszenieren?

md-Korrespondent Jamy Yang berichtet aus China

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