Das Haifischbecken, in dem sie schwimmen, ist lebendiger geworden. Die Konkurrenz unter Designern ist größer, die technischen Möglichkeiten vielseitiger geworden – das Hamburger Designstudio Kressel + Schelle genießt dennoch die Freiheit, eigene Ideen zu verwirklichen.
Autorin Katharina Feuer
Designer Ivo Schelle definiert seine Arbeit so: “Design ist keine Kunst, sondern eine Dienstleistung” Schelle ist gerade von der Orgatec in Köln nach Hamburg-Altona zurückgekehrt. „Studenten können heutzutage während ihres Studiums oft unendlich frei und kreativ arbeiten und glauben, dass man nur auf ihre Entwürfe gewartet hätte!“, zeigt sich der Industriedesigner irritiert.
Viele Studienabgänger würden dann auch kalt von der Realität erwischt werden. Denn der Konkurrenzkampf in Designerkreisen sei wieder größer geworden. Das liege seiner Meinung nach einerseits an der relativ hohen Zahl an Studenten – „Design ist ein unwahrscheinlich beliebtes Studienfach, besonders Produktdesign“ – und an den technischen Entwicklungen. Hersteller verbitten sich demnach teilweise schon die unaufgeforderte Einsendung von Entwürfen – sie werden geradezu überschwemmt.
Jonas Kressel und Ivo Schelle gründeten Anfang der 1990er-Jahre ihr Designstudio in Hamburg-Altona. Die md stellte sie in ihren Anfängen mit einem mehrseitigen Porträt als hoffnungsvolle Jungdesigner vor (Ausgabe md 4/1995). Immer noch arbeiten sie als Team erfolgreich auf Augenhöhe zusammen und haben erst kürzlich wieder einen Preis eingeheimst. „Der eine kann besser verhandeln, der andere kann besser reden. Entwerfen, das machen wir beide gut“, ist Schelle überzeugt.
Zaubern können sie auch. Aus der Schublade. Deren Inhalt hat das eine oder andere Mal geholfen, an einen Auftrag zu kommen. Wenn eine Idee den potenziellen Auftraggeber nicht überzeugte, griffen Kressel + Schelle in ihre Schublade und „zauberten“ einen Entwurf heraus, der passte. So war es auch bei Wendelin Müller, dem Geschäftsführer von Müller Möbelfabrikation. Einen Sekretär boten sie ihm an. Ein Regal gab er in Auftrag. Das ‚Stack‘-Regalsystem sieht durch seine Metallkonstruktion leicht und filigran aus. „Das kann man mit Holz gar nicht umsetzen“, ist Ivo Schelle begeistert.
Man merkt ihm seine Leidenschaft für das, was er tut, an. An seiner augenblicklichen Position genießt er, dass er die Freiheit hat, zu überlegen, was die Welt noch braucht und es dann einfach entwirft. Über kurz oder lang findet sich ein Hersteller, der genau auf diesen Entwurf gewartet hat – selbst wenn dieser in der Schublade landet und erst zu einem späteren Zeitpunkt zum Zuge kommt. Denn: „Wir Designer sind Problemlöser.“
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