1 Monat GRATIS testen, danach für nur 7,50€/Monat!
Home » Menschen » Designer »

Letter from Shanghai. Frédéric Beuvry über Marken und Designer. md-mag.com

Letter from Shanghai
Frédéric Beuvry

Frédéric Beuvry
Frédéric Beuvry

Was zeichnet einen guten Brand-Designer aus? “Casting-Direktor” Frédéric Beuvry im Gespräch mit md.

Obwohl ich bereits rund ein Jahr für Schneider Electric arbeite – den für Industriedesign und Ergonomie zuständigen Senior Vice President Beuvry bekam ich kaum zu Gesicht. Als Beuvry mich dann zum ersten Mal in meinem Büro besuchte, war er ziemlich formell – ganz anders als andere Franzosen, die ich kenne. Das änderte sich erst, als wir über die Designer sprachen, mit denen er schon gearbeitet hat: über Konstantin Grcic, Ronan & Erwan Bouroullec, Marc Newson u.a.. Beuvry ist aber auch mit vielen Designern in China in Kontakt und weiß, was es braucht, um erfolgreich im Interesse einer Marke zu entwerfen.

Jamy Yang: Im Laufe Ihrer Karriere – vom Chefdesigner der Groupe SEB bis zum Senior Vice President bei Schneider Electric – haben Sie mit vielen Designern und Designbüros gearbeitet. Wonach wählen Sie die Leute aus? Kam es zu bemerkenswerten Begegnungen?

Frédéric Beuvry: Ich habe da keine spezifischen Kriterien. Ich kann sehr schnell beurteilen, ob eine Agentur das Gefühl für Design hat oder nicht, und ob der Designer sich als Diva fühlt oder ob wir leicht mit ihm zusammenarbeiten können. Ich bitte den Designer immer, mir die Geschichte zu erzählen, die zum Entstehen des Projekts geführt hat; im übrigen braucht es für das richtige Produkt keine umständlichen Beschreibungen. Ich schaue mir das Ding an, und es ist ein schlechtes Zeichen, wenn ich es nicht verstehe.

Yang: Ich meine, es gibt zwei Arten von Designagenturen: Einmal die ganz Großen wie IDEO und Frog Design, und dann die kleinen Designstudios, die sich auf einen Star-Designer als Markenzeichen stützen. Worin besteht der wesentliche Unterschied zwischen den beiden? Wann entscheiden Sie sich für den einen oder den anderen?

Frédéric Beuvry: Die Größe ist kein ausschlaggebendes Kriterium – denken Sie nur daran, dass der erste Mac in einer Garage entstanden ist! Wenn ich lieber in ein Café gehen würde, wäre Frog Design meine Wahl! Ich weiß aber das Glas Wasser zu schätzen, das Sie mir persönlich serviert haben! Ich versuche immer, einen Kontakt zu dem Designer aufzubauen, der mit uns arbeiten wird. Gerne teste ich ihn ein wenig, um herauszufinden, wes Geistes Kind er ist, wie offen er ist, wie es um seine kulturelle Kompetenz bestellt ist.

Seit einiger Zeit arbeite ich mit einer kleinen dänischen Firma zusammen, die mit Interface-Design befasst ist, und das Ergebnis ist großartig. Ich ziehe es vor, mit den Spitzenprofis der Welt zu arbeiten.

Yang: Sie haben erwähnt, dass es ein indisches Designstudio gibt, das Sie spannend finden. Wie beurteilen Sie das aktuelle chinesische und indische Design?

Frédéric Beuvry: In China ändern sich die Dinge sehr schnell, und das Design noch schneller. Die Chinesen befinden sich in einer Lern- und Beobachtungsphase; erfahrene Designer haben häufig in Europa oder den USA studiert, und diese Einflüsse sind immer noch spürbar. Ich glaube aber, dass die große chinesische Kultur wieder erwacht und “chinesisches Design” positiv beeinflussen wird. China ist ein riesiger Markt, der nach zweckdienlichen und einzigartigen Produkten giert.

Ich erwarte, dass sich in Zukunft der Typus des chinesischen Designs herauskristallisieren wird. Mag sein, dass sich chinesische Designer jetzt noch an anderen orientieren, aber sie werden irgendwann Neues schaffen müssen. Es gibt ein typisches angelsächsisches und lateinamerikanisches Design; die Zeit für ein eigenständiges chinesisches Design wird auch noch kommen! Es gibt ja bereits eine zeitgenössische chinesische Kunst. Auch indisches Design wird noch brauchen, bis es reif ist, aber es gibt in Indien sehr gute Agenturen, die vom historischen angelsächsischen Einfluss profitieren.

Yang: Ich bin glücklich, mit Schneider Electric arbeiten zu können, und fühle mich fast so wie während meiner Studienzeit in Deutschland. Andererseits arbeite ich seit rund fünf Jahren auch für den chinesischen Hausgerätehersteller Joyoung. Im ersten Jahr dieser Kooperation waren meine Entwürfe sehr schlicht und in gewissem Sinn sehr “deutsch”. Dem Kunden hat das zwar gefallen, aber er hat nichts produziert, weil man der Meinung war, dass das Design nicht die Anforderungen der chinesischen Verbraucher erfüllte. Ich habe also versucht, das zu ändern. Mit dem Ergebnis, dass ich jetzt Produkte gestalte, die nicht so “gestaltet” aussehen, sich aber ziemlich gut verkaufen. Wie sehen Sie dieses Problem? Sie haben während Ihrer Zeit bei der Groupe SEB und bei Supor Joyoung Produkte unter die Lupe genommen. Warum?

Frédéric Beuvry: Richtig. Ich habe Joyoung-Produkte analysiert, weil die Firma ein Konkurrent von Supor war. Ich denke, was Sie für Joyoung entworfen haben, ist für den chinesischen Zielmarkt richtig. Sie haben in China keine Chance, das “deutsche” geradlinige Design auf Marken wie Joyoung und Supor zu übertragen. Deren Zielmärkte benötigen effiziente, langlebige und praktische Produkte, die für das Alltagsleben der Massen geeignet sind. Wir müssen den Verbraucher und selbst das, was er isst, analysieren, um die richtigen Formen und Farben zu finden. Deshalb ist es so schwierig, für eine Marke zu gestalten. Ich betrachte mich dabei als Casting-Direktor.

Ich möchte das mit ein paar Beispielen erklären. Das Markenimage von Krups ist sehr professionell. Deshalb haben wir Konstantin Grcic mit der Aufgabe betraut, eine Profi-Geräteserie für die Speisenzubereitung zu gestalten. Das Markenimage von Rowenta hingegen ist eher technisch. Also haben wir Jasper Morrison für eine Produktpalette einschließlich Kaffeemaschine, Wasserkocher und Toaster ausgewählt. Bei Schneider Electric haben wir jetzt eine neue Designsprache eingeführt. Wenn der Stil von Yang Design dem von Konstantin Grcic ähnelt, sind Sie für Schneider Electric nicht das richtige Designstudio.

Yang: Können Sie zwei Projekte oder Produkte nennen, mit denen Sie besonders zufrieden sind? Egal, ob es Ihr eigenes Design ist oder in Zusammenarbeit mit anderen Designern entstanden?

Frédéric Beuvry: Der Backofen für Scholtès und das Bügeleisen für Rowenta.

md-Korrespondent Jamy Yang berichtet aus Shanghai

Weitere Letter from … finden Sie hier

Anzeige
Top-Thema
Anzeige

Neueste Beiträge
Blendfrei
Arbeitsplatzleuchte der Novus Dahle GmbH
Blendfrei
Titelbild md 03-04
Ausgabe
03-04.2024 kaufen
EINZELHEFT
ABO

Architektur Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Architektur-Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum arcguide Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des arcguide Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de