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Auf Stärken setzen

Interview mit Ella Gabriele Amann, Geschäftsführerin des Resilienz-Forum
Auf Stärken setzen

Auf Stärken setzen
Von Resilienztrainings profitieren Mitarbeiter, Teams, Führungskräfte und komplette Unternehmen. Denn die Beschäftigten lernen, aktiver mit Belastungssituationen umzugehen und Krisen zu vermeiden.

Das Interview führte Gabriele Benitz.

Mensch&Büro: Sie bieten Resilienztrainings in Unternehmen an. Welche Personen adressieren Sie damit?
Gabriele Amann: Die Trainings richten sich an Mitarbeiter, Teams und Abteilungen sowie Führungskräfte. Ebenso bieten wir Organisationsberatung für die Entwicklung einer resilienten Unternehmenskultur und Weiterbildungen zum betrieblichen Resilienz-Coach an.
Wie laufen solche Trainings ab?
Im Vorfeld beginnen wir mit der Resilienzdiagnostik und erstellen ein Persönlichkeitsprofil mit Blick auf die individuelle Energiebilanz des Mitarbeiters oder des Teams und ein Resilienz-Kompetenz-Profil. Der Mitarbeiter weiß durch die Diagnostik, welche psychologischen Bedürfnisse für ihn im Vordergrund stehen, ob er zum Beispiel eher viel Kommunikation oder lieber Ruhe und Abgeschiedenheit für die Erledigung seiner Aufgaben benötigt. Durch das Resilienz-Kompetenz-Profil können wir im Rahmen einer Selbst- und Fremdeinschätzung erkennen, bei welchen Resilienzfaktoren die Stärken des einzelnen Mitarbeiters beziehungsweise des gesamten Teams liegen und ob diese Stärken im Arbeitsalltag sichtbar werden. Auf Basis der Diagnostik legen wir die Inhalte der Maßnahmen fest. Das können Einzel-Coachings oder Teamentwicklungsprozesse sein.
Welche Maßnahmen sind das im Einzelnen für Teams?
Bezogen auf Teams enthält das Resilienztraining vor allem interaktive und praktische Übungen zu den acht verschiedenen Kompetenzfeldern der Resilienz. So geht es häufig um die Frage: Wie kommunizieren wir miteinander? Am ersten und zweiten Tag des Trainings steht meist die persönliche Resilienz von Führungskräften und Mitarbeitern im Mittelpunkt, am dritten Tag die Resilienzförderung des ganzen Teams. Am vierten Tag betrachten wir die gesamte Organisation. Dabei beziehen wir Faktoren wie Raum, Klima, Akustik, Licht und die eigentliche Arbeitsplatzgestaltung ein.
Aus welchen Beweggründen kommen Firmen auf Sie zu?
Oft resultiert die Kontaktaufnahme aus hohen Krankenständen, Überlastungen der Mitarbeiter, Stress, Erschöpfung, Burnout. Oft sind es auch Probleme mit der Selbstorganisation oder Abgrenzungsschwierigkeiten. Daraus entstehen Kommunikationsprobleme.
In vielen Unternehmen nimmt der Zeit- und Leistungsdruck zu. Die Aufgaben werden komplexer und erfordern schnellere Reaktionszeiten. Wie wirken sich solche Faktoren auf die persönliche Resilienz aus?
Keine Frage, diese Ursachen spielen eine große Rolle. Gestresst sind häufig vor allem Führungskräfte, weil sie am stärksten von Restrukturierungsprozessen betroffen sind. Dadurch verlieren sie oft ihre Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse und damit Einfluss, Agilität und Flexibilität. Uns geht es darum, ihnen zu vermitteln, dass Krisen zum Alltag gehören, dass sie lernen, mit Unplanbarkeit umzugehen.
Wie unterstützen Sie die Menschen in diesen Prozessen?
Wir schaffen Transparenz hinsichtlich der verschiedenen Persönlichkeitsstrukturen. Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse. Ein Beispiel: Führungskräfte sind häufig aktiv, offen und kreativ gegenüber Veränderungsprozessen. Sie brauchen dazu viel Kommunikation und kurze Wege. Die Mitarbeiter, die die Ideen umsetzen sollen, haben ganz andere Bedürfnisse. Sie sind oft analytisch und ausdauernd strukturiert. Sie benötigen Ruhe, um ihre Aufgaben zu bewältigen. Diese unterschiedlichen Bedürfnisse prallen besonders in offenen Bürostrukturen aufeinander. Ruhig arbeitende, sensible Beschäftigte leiden im Großraumbüro an Sinnesüberreizung und sind ständig damit beschäftigt, den damit verbundenen Stress abzubauen. Wir machen klar, welche Stressmuster aus den unterschiedlichen Bedürfnissen ent-stehen. Wenn man es schafft, die eigenen Arbeitsschwerpunkte und die räumliche Umgebung anzupassen, dann ist das schon die halbe Miete.
Welche kurzfristigen Maßnahmen lassen sich hier umsetzen?
Man kann Trennwände aufbauen, auch nur für einzelne Mitarbeiter, die sich gestört fühlen. Oder man erstattet die Kosten für lärmreduzierende Kopfhörer. Wichtig ist es auch, Verhaltensabsprachen in Teams zu treffen. Sie kennen sicher den Lombard-Effekt, wenn die Geräuschkulisse immer lauter wird, weil alle immer lauter sprechen. Das kann man durchbrechen. Ein Tipp: Jemand hebt die Hand und schweigt, dann folgt der nächste. Zum Schluss ist es drei bis vier Sekunden lang still und alle reden nachher mit deutlich leiserer Stimme weiter. Das sind kleine, niederschwellige und damit alltagstaugliche Ideen.
Damit begegnet man vor allem akus-tischen Störungen durch die menschliche Stimme. Was eignet sich noch?
Jeder Einzelne muss für sich herausfinden, wie er bei Lärm abschalten kann. So kann man Musik über Kopfhörer einspielen oder – je nach Bedarf und Arbeitsaufgabe – in eine andere Arbeitsatmosphäre, einen anderen Raum wechseln. Generell empfehle ich, alles was tönt und blinkt, abzuschalten. Also zum Beispiel Handys, Social-Media- und E-Mail-Benachrichtigungen. Ganz wichtig ist es auch, dass jeder Mitarbeiter regelmäßig Pausen macht. Die Rituale dafür müssen viele Beschäftigte erst wieder einüben. Dafür kann man in Resilienzseminaren sensibilisieren.
Das Arbeitsschutzgesetz und die Unfallverhütungsvorschrift „Grund-sätze der Prävention“ verpflichten Arbeitgeber dazu, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Dazu zählt auch das Erfassen psychischer Belastungen. Erfahren Resilienztrainings damit eine höhere Akzeptanz?
Momentan erkenne ich hier noch keine gravierenden Veränderungen. Aber viele Unternehmen haben das Thema „Resilienz“ für sich erkannt und verbinden das mit langfristigen Projekten. Ihre Motivation: Sie wollen sich angesichts zunehmenden Fachkräftemangels als vorbildliche Arbeitgeber präsentieren.
Sind Firmen mit einem betrieblichen Gesundheitsmanagement offener für solche Resilienzseminare?
Für die Wirksamkeit spielt es keine Rolle, ob es Einzelmaßnahmen oder Bausteine eines betrieblichen Gesundheitsmanagements sind. Ob die Seminare wirken, lässt sich nur anhand von Verhaltensänderungen messen. Leider stellen wir immer wieder fest, dass die einzelnen Maßnahmen nicht aufeinander abgestimmt sind. So gibt es in vielen Fällen Programme für Führungskräfte und solche für Mitarbeiter. Da ist eine klare Struktur gefragt.
Wie erfolgreich sind Ihre betrieblichen Resilienztrainings?
Wenn wir die Maßnahmen evaluieren, zeigen sich die nachhaltigsten Erfolge. Wir können dann den Entwicklungsprozess länger begleiten und die einzelnen Maßnahmen gezielter steuern.
Welchen Nutzen zieht der Einzelne aus Ihren Resilienzseminaren?
Der Mitarbeiter erfährt mehr über sich selbst und lernt, sich auf seine Stärken zu verlassen. Er ist schneller in der Lage, eine bevorstehende Krise abzumildern oder Krisen zu vermeiden. Letztlich kann er mit Belastungssituationen besser umgehen, weil er erlebt, wie er selbst die Arbeitsorganisation verändern und gestalten und somit seine Durchsetzungskraft steigern kann. Er wird mutiger, offener und agiler. Mit anderen Worten: Raus aus der Ohnmacht.
Wie stark profitieren die Unternehmen von Ihren Seminaren?
Sie erleben, dass die Mitarbeiter kreativer werden, proaktiver mit Veränderungen umgehen und seltener krank sind. Wenn sie zudem noch bereit sind, ihre Unternehmenskultur zu ändern, verbessern sie ihr Image als Arbeitgeber. Aber sie müssen auch damit rechnen, dass die Beschäftigten kritischer werden.
Die Langfassung des Interviews ist unter „Meldungen“ auf www.office-work.net zu finden.

Zur Person

Ella Gabriele Amann wurde 1963 in Nordrhein-Westfalen geboren. Die Juristin und Lehrtrainerin für Resilienz berät seit 20 Jahren Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeiter, unter anderem zu den Themen Gesunde Führung, Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzgestaltung. Sie ist Entwicklerin des integrativen Resilienz-Zirkel-Trainings nach dem Bambus-Prinzip und Buchautorin der Haufe Taschenguides „Selbstcoaching“ und „Resilienz“. Sie lebt in Berlin und leitet dort das internationale Trainer- und Beraternetzwerk des ResilienzForum.
Foto: privat
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