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Als die Arbeit neu erfunden wurde

Interview mit Thorsten Hübschen von Microsoft Deutschland
Als die Arbeit neu erfunden wurde

Mit bisherigen Konzepten lässt sich die Revolution der Arbeit nicht stemmen. Das erklärt Dr. Thorsten Hübschen, der bei Microsoft Deutschland für das Office-Geschäft verantwortlich zeichnet. Zudem beschreibt er die grundlegende Veränderung des Bürodesigns in der neuen Microsoft-Zentrale in München-Schwabing.

Das Interview führte Nadia Hamdan.

Mensch&Büro: Die neue Zentrale von Microsoft Deutschland soll eines der modernsten Bürogebäude Deutschlands werden und ideale Bedingungen für die zeitgemäße Form der Zusammenarbeit bieten. Was kennzeichnet diese Arbeitswelt?
Hübschen: Das neue Gebäude mit seinem Zonenkonzept ist eine radikale Veränderung im Vergleich zur alten Zentrale. Bei der Planung zeigte sich, dass die Schreibtischarbeit gerade mal 20 Prozent der Arbeitszeit jedes Mitarbeiters umfasst. Der Hauptteil besteht aus konzentrierter Arbeit, klassischen und Ad-hoc-Meetings – vier Arbeitsformen, die wir auf vier Zonen abbilden. Traditionelle Arbeitsplätze wie fest zugewiesene Schreibtische ersetzen wir zugunsten von offenen Bürostrukturen, in denen die Mitarbeiter zwischen den Funktionszonen wechseln können. Das sind Flächen für Meetings und zum Austausch sowie Bereiche für konzentrierte Alleinarbeit. Zudem gibt es sogenannte „Home Bases“ für die jeweiligen Abteilungen, die das Zusammenfinden von Teams erleichtern sollen.
In Ihrem Buch „Out of Office“, das Sie zusammen mit Dr. Elke Frank schrieben, propagieren Sie den Spaß an der Arbeit. Was kann das Unternehmen tun, damit Arbeit nicht als lästiges Übel angesehen wird und sich die Ergebnisse verbessern?
Ich glaube nicht an die Trennung von „Work“ und „Life“. Wenn erst ein Kicker aufgestellt werden muss, um bei den Beschäftigten Arbeitsfreude zu wecken, läuft etwas falsch. Arbeit ist ein wesentlicher Teil des Lebens. Sie wird noch erfüllender, wenn ein gewisser Grad an Selbstständigkeit besteht und sich der Mensch mit seinen Handlungen identifiziert – eingebettet in soziale Kontakte und ein Umfeld, das er als unterstützend, ästhetisch und funktional empfindet. Ist der Mitarbeiter mental gut drauf, steigt auch seine Produktivität.
Genügt es denn, das Bürodesign zu verändern, um eine motivierende Unternehmenskultur vorzuleben?
Es ist jedenfalls ein sehr wichtiger Faktor. Die Räumlichkeiten geben den Rahmen vor. Sie beeinflussen die Arbeitsweise zum negativen, wenn in Räumen große Hürden zu überwinden sind, technische oder soziale. Das Ergebnis unterscheidet sich auch immens, je nachdem, ob Meeting-Teilnehmer am Konferenztisch sitzen oder sich im Stehen am Whiteboard zusammenfinden. Das Büro und das Unternehmensgebäude erhalten heute einen Symbolcharakter, eine stärker werdende Funktion, während das Produkt selbst immer mehr in den Hintergrund tritt.
Welche Ergebnisse erwarten Sie von der „neuen Arbeit“? Wird die Performance der Mitarbeiter besser?
Vor zehn Jahren hatte meine Abteilung 20 Mitarbeiter und erwirtschaftete weniger als die Hälfte des heutigen Geschäftsergebnisses. Heute hat sich die Produktivität um den Faktor 4 gesteigert – mit der Hälfte des Teams erreichen wir etwa das Doppelte. Das hängt auch mit dem technologischen Wandel zusammen. Die Einführung des papierlosen Büros und Dienste wie Skype beschleunigten die Prozesse deutlich. In den USA gibt es heute schon Tools für die Produktivitätsmessung, beispielsweise anhand der versendeten E-Mails pro Stunde. Allerdings sind wir da schnell bei der Frage, wie Datenschutz und Vertraulichkeit angesichts der Vermischung von Arbeit und Freizeit gewahrt werden. Hier wird es in naher Zukunft Gespräche geben und ich bin sicher, sie werden spannend.
Diese Vermischung von Arbeit und Freizeit schafft auch Risiken – wie lässt sich verhindern, dass Arbeit zu dauerhaftem Stress führt oder nicht wie erwartet erbracht wird?
Die Frage hat uns sehr beschäftigt. Es ging dabei allerdings nicht darum, dass zu wenig gearbeitet wurde, sondern um die Selbstregulierung. Wenn Mitarbeiter das was sie tun, gerne tun, ist eine dauerhafte Vernachlässigung so gut wie ausgeschlossen. Es besteht allerdings die Gefahr, zu viel zu arbeiten. Mit mehr Freiraum umzugehen, ist eine Herausforderung, bei der die Führungskräfte unterstützen müssen, zum Beispiel durch Coaching. Die Führungsaufgabe wird heute auch durch eine Fürsorgepflicht erweitert.
Es wird heute viel von den verschiedenen Generationen im Büro gesprochen. Wie muss eine Arbeitswelt für alle Generationen aussehen?
Jede Generation ist eine Bereicherung und hat Eigenschaften, von der die anderen lernen können. Die heute 20-Jährigen beispielsweise sind weitaus kommunikativer und teamfähiger als noch vor einigen Jahren. Die soziale Adaptionsfähigkeit ist stark gestiegen. Dagegen ist die Durchhaltefähigkeit, eine Arbeit bis zum Ende konzentriert durchzuziehen, gesunken. Es geht eher um schnelle Ergebnisse. Daher gilt es, Räume zu schaffen, in denen die Generationen lebenslang voneinander lernen können. Auf der Grundlage einer individuellen Arbeitsweise – Team-, Einzel- oder Denkarbeit – kann sich dann jeder so einbringen, wie es ihm liegt.

Zur Person
Dr. Thorsten Hübschen startete im April 2006 bei Microsoft Deutschland in der damaligen BG Information Worker als Product Marketing Manager für Project & Visio. Er verantwortete die Einführung der neuen Business-Productivity-Infrastructure-Optimization(BPIO)-Kampagne in Deutschland und leitete anschließend als Group Manager das Office- und Unified-Communications-Team in der Microsoft Office Division. Von Juli 2010 an war Hübschen Sales Manager Productivity in der Specialist Team Unit (STU). In dieser Funktion leitete er seit Anfang 2012 den gesamten Fachvertrieb Productivity und stellte diesen durchgängig für den Wechsel in die Cloud auf. Anfang 2014 übernahm er das Office-Geschäft von Microsoft Deutschland. Vor seiner Zeit bei Microsoft war Hübschen fünf Jahre als Projektleiter im Business Technology Office von McKinsey tätig. Er ist promovierter Mathematiker mit dem Nebenfach Informatik.
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