Flagship-Store in Paris spiegelt Naturverbundenheit eines Kosmetiklabels Aesop wider. Die gesamte Ladeneinrichtung besteht hierbei aus Pappe.
Autorin Christiane Sauer
Minimalistisches Design und überwiegend pflanzliche Inhaltsstoffe kennzeichnen die Produkte des australischen Kosmetikunternehmens Aesop. Um dieses Konzept in die Gestaltung der exklusiven Stores zu übersetzen, kooperiert die Firma mit innovativen Architekturbüros.
Erfolgreiche Zusammenarbeit: March Studio und Aesop
Eine bemerkenswert erfolgreiche Zusammenarbeit kristallisierte sich hierbei in den letzten Jahren mit dem australischen Architektur- und Designbüro March Studio heraus. Ihre Entwürfe für dass Kosmetiklabel spiegeln die Corporate Identity durch naturbelassene Oberflächen und einen konzeptuellen Umgang mit Material. Die Gestaltung nimmt dabei Einflüsse der lokalen Umgebung und Kultur auf, sodass jede Filiale einen ganz eigenen Charakter besitzt, der sich besonders über seine Materialität definiert.
So fügen sich im Adelaide-Store tausende der bernsteinfarbenen Kosmetikflakons oder im Singapur-Store unzählige tief herabhängende Kokusnussfasern zu einer bewegten, wellenförmigen Decke, die dem Raum eine einladend warme und natürliche Atmosphäre verleihen.
Aufbau in nur fünf Tagen
Ursprünglich als temporärer Shop gedacht war die Niederlassung in Melbournes Flinder’s Lane. Die gesamte Ladeneinrichtung besteht hierbei aus Pappe. Der Aufbau betrug nur fünf Tage, in denen das Team von March Studio 3000 Verpackungskartons zu Boxen faltete und diese zu einer Display-Wand und dem Verkaufstresen zusammenfügte.
Die Boxen gleichen jenen, in denen die Kosmetika verschickt werden, so dass diese nach Auflösung des Showrooms für den Versand ganz einfach weiter verwendet werden können. Eine zweite Wand besteht aus aufeinander gestapelten Wellkartonplatten. Die Schnittkanten sind offen gelassen und zeigen die Struktur des Materials. So entsteht durch die Stapelung in der Fläche eine eigene Material-Ästhetik von fast grafischer Qualität.
Überstände dienen zur Produktpräsentation im Store
Die Überstände am Ende der gestapelten Wand werden wiederum genutzt, um auf ihnen Produkte auszustellen. Das Designkonzept und die Haltbarkeit des Materials erwiesen sich als so erfolgreich, dass aus dem temporären Store ein dauerhafter wurde. Die im September 2010 in der Pariser Rue Saint-Honoré eröffnete Dependance adaptiert den für die französische Hauptstadt typischen Parkettboden als Gestaltungskonzept.
Die Architekten entschieden sich für Holz, das als einziges Gestaltungselement nicht nur den Boden, sondern auch die Decke und die Wände bekleidet. So entsteht eine warme und natürliche Atmosphäre, die den Minimalismus und die Naturverbundenheit der Produkte widerspiegelt. Für den Store wurden 3500 handgesägte Planken des schnellwüchsigen australischen „Riesen-Eukalyptus“ Baumes (Victorian Ash) verwendet, das aus kontrollierter Forstwirtschaft stammt. Die sandgestrahlte Oberfläche betont zusätzlich den Charakter der Maserung. Die sorgfältig nummerierten Einzelteile wurden sortiert verpackt, im Container nach Paris verschifft und vor Ort nach detaillierten Plänen zusammengesetzt.
Fugenloses Ineinanderstecken der Decken- und Wandpaneele
Räumlich noch komplexer und wie ein dreidimensionales Puzzle wirkt die Gestaltung des Stores in der Melbourner Greville Road, der etwa zur gleichen Zeit wie die Pariser Dependance entstand. 350 CNC-gefräste Sperrholzplatten wurden hierfür mit einem System aus Schlitzen versehen, die ein fugenloses Ineinanderstecken der Decken- und Wandpaneele ermöglichen – ganz ohne Nägel oder Schrauben. Hierbei hat jedes Teil seinen genau vorherbestimmten Platz im Gesamtgefüge, der in der Planung definiert und über ein Farbsystem codiert wurde, um einen reibungslosen Aufbauprozess zu ermöglichen.
Direkt und selbstverständlich, ohne Überfrachtung
Das Endergebnis überzeugt durch eine homogene Kleinteiligkeit der Flächen, die es durch die Struktur der Rasterung schaffen, den Maßstab der einzelnen Produktfläschchen mit dem gesamten Raum integral zu verweben. Die gezeigten Projekten überzeugen durch die Verbindung von Material, Funktion und Raum zu einer Einheit. Fernab kapriziöser Inszenierungen von Zeitgeist-Labels setzen sie mit großer Direktheit und Selbstverständlichkeit die Produkte in Szene, ohne sie konzeptuell zu überfrachten.
March Studio Melbourne/Australia
Fotos: Amanda de Simone (AS) Louis Basquiast (LB) March (Ma)
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