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Folie – spannender Materialtransfer

Raum und Material 22
Folie – spannender Materialtransfer

Eine New Yorker Galerie animiert drehbare Fassadenpaneele mit flexiblen PE-Membranen und nutzt diese Schnittstelle zwischen Innen- und Außenraum für die Ausstellungsgestaltung. Ein spannender Materialtransfer.

Autorin Christiane Sauer

An einer belebten Straßenecke in SoHo stellt die kleine, aber renommierte Galerie “Storefront for Art and Architecture” seit über zwanzig Jahren experimentelle Positionen an der Schnittstelle von Architektur, Kunst und Design aus. Auf den nur wenigen Quadratmetern der Galerie in der New Yorker Kenmare Street waren bis Ende April Blueprints – Blaupausen in einer gleichnamigen Ausstellung zu sehen. Das Konzept: 50 Künstler und Architekten stellen je eine “Blaupause” aus, die exemplarisch für einen originären Teil ihrer Arbeit steht – ganz im übertragenen Wortsinn. Die Ausstellung wurde kuratiert von Künstler Sebastiaan Bremer gemeinsam mit den Architekten Florian Idenburg und Jing Liu des in Brooklyn beheimateten Architektur- und Design-Büros SO-IL, die auch die Gestaltung verantworten.

DREIDIMENSIONALE FASSADE

Eine Herausforderung. Denn es galt, einen extrem schmalen und dreieckigen Raum zu bespielen – ein ehemaliges Ladenlokal, das 1993 nach einem Konzept von Steven Holl und Vito Acconci zur Galerie umgestaltet wurde. Zentrales Element sind zwölf bewegliche, drehbare Fassadenpaneele, die den Raum in unterschiedlichen Konfigurationen zur Straße öffnen können. Diese animierbare Fläche zwischen Innen- und Außenraum wurde für die Ausstellungsgestaltung genutzt. Die Paneele blieben permanent aufgedreht, wurden aber zugleich mit einer Kunststoff-Folie überzogen, durch die sich die Geometrie der darunterliegenden dreidimensionalen Fassade abzeichnet. In ihrer Abstraktheit erinnert die Gestaltung an eine minimalistische Skulptur und kontrastiert als makellose Haut mit der lebendigen Umgebung.

Die perfekte Form der Oberfläche wurde möglich durch den Einsatz von Schrumpf-Folie. Die Polyethylen-Membran verformt sich unter Hitzeeinwirkung und wird normalerweise als Verpackungsmaterial eingesetzt. Zunächst testeten die Gestalter ihr Konzept an einem kleinen Modell mit Fensterabdichtfolie aus dem Baumarkt, die ähnlich verformt werden kann. Nachdem dies vielversprechend verlief, suchten sie nach einer Entsprechung im Gebäudemaßstab. Fündig wurden sie bei Atlantic Shrink Wrapping Inc., einer Firma, die Hubschrauber, Flugzeuge, Autos oder Boote für Transport oder Einlagerung mit einer dauerhaften Kunststoffhaut überzieht und die Objekte Folie passt sich der Oberfläche jeder beliebigen Geometrie an und bildet eine straffe zweite Haut. Mittels 1:1-Mockups wurde die finale Konstruktion entwickelt. Das Zusammenziehen der Folie erzeugt hohe Zugkräfte, die abgefangen werden müssen.

Ein stabiler Holzrahmen wurde deshalb zur Folienbefestigung entlang der Fassade konstruiert. Die herausgedrehten Öffnungselemente drücken von innen gegen die Folie und verwandeln sie in eine dreidimensionale Oberfläche. Da die Folie von Passanten und Besuchern leicht zerschnitten werden könnte, wurden die Öffnungen in der Fassade durch vertikale Stützen des Rahmens zusätzlich gesichert und stabilisiert. Die weiße Farbe der Membran fügt sich perfekt in das Konzept; sie rührt von der flammhemmenden Ausführung des Materials. Der Transfer eines industriellen Materials in einen neuen Kontext bedeutet für alle Beteiligten stets eine Herausforderung und ist nur möglich, wenn nicht nur die Planer, sondern auch die ausführenden Fachleute bereit sind,  Neuland zu beschreiten. Bei diesem Projekt war das der Fall.

Dustin Hoover, der das Projekt für die ausführende Firma Atlantic Shrink Wrapping betreute, beschreibt den Challenge: “Eine industrielle Technologie in einer nicht industriellen Umgebung anzuwenden, erfordert viel persönliche Erfahrung, wie das Material auf die unterschiedlichen Winkel und Geometrien reagiert. Erhitzt man es korrekt, entsteht ein fester Zug, erhitzt man es etwas zu viel, dann wird es zu dünn und brennt durch, zu wenig Hitze und es wird nicht straff. Wir hatten nur einen einzigen Versuch, das richtig hinzubekommen, obwohl so etwas vorher noch nie gemacht wurde. Wir haben’s geschafft!” Das Material ermöglicht eine neue Sichtweise auf die ikonografische Fassade der Galerie, besonders bei Dunkelheit. Dann wirft das Innere mehrdeutige Schatten auf die Straße. Die weiße Membran reinterpretiert nicht nur die Offenheit einer wandelbaren Fassade, die metaphorische “Verpackung” verbindet und konserviert die 50 Arbeiten aus einer Zeitspanne von über 50 Jahren in Zeit und Raum.

Factsheet

Projekt: Fassadeninstallation und Ausstellung “Blueprint”
Ort: Storefront for Art and Architecture, 97 Kenmare Street, New York, NY 10012
Fertigstellung: März 2015
Design-Team: Florian Idenburg, Max Hart Nibbrig (SO-IL)
Kuratorenteam: Sebastiaan Bremer, Florian Idenburg and Jing Liu (SO-IL)
Graphikdesign: Geoff Han
Material: Industrielle Polyethylen Schrumpf-Folie, flammhemmende Ausführung
Hersteller Folie: Atlantic Shrinkwrapping Inc.,: http://www.atlanticshrinkwrap.com/
Beratung Umsetzung: Atlantic Shrink Wrapping Inc., Dustin Hoover

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