Technische Fasern: Die Verbindung von innovativem Design mit neuen Hightech-Entwicklungen im Bereich der Fasertechnologie war Thema der Ausstellung ‚Tokyo fibre – Senseware‘ in Mailand.
Autorin Christiane Sauer
Technische Fasern haben heute jenseits von Textilien für Kleidung oder Polsterungen ein enormes Anwendungsspektrum. Flugzeugrümpfe, Flüssigkeitsfilter, Sportausrüstung oder medizinische Vliese basieren auf Spezialfasern, die durch unterschiedliche Verarbeitungstechnologien für ihren jeweiligen Einsatzzweck maßgeschneidert werden.
In der Ausstellung ‚Tokyo fibre – Senseware‘ testeten führende japanische Kunststofffaser-Hersteller auf der letzten Mailänder Triennale mit internationalen Designern, Architekten und Künstlern wie Ross Lovegrove, nendo, Shigeru Ban oder Kengo Kuma das gestalterische Potenzial aus.
Material aus 95 % Luft
Eines dieser Materialien ist ‚Breath-air‘ der Firma Toyobo. Das neuartige Polstermaterial besteht aus einem hochelastischen, frei gewickelten Monofilament. Es besteht zu 95 Prozent aus Luft, ist deshalb extrem leicht, dabei aber sehr widerstandsfähig und sogar waschbar. Es behält dauerhaft seine Elastizität und besitzt hervorragende Durchlüftbarkeit.
Es wird bisher in technischen Anwendungen als Filtermaterial verwendet. Der Designer Kasiwa Sato inszenierte sowohl die Ästhetik des Werkstoffes, den er ‚visible air‘ nennt, als auch den Spaßfaktor dieses federnden Materials. Er kreierte ein modulares System aus Bausteinen, das sich als Spielzeug für Kinder eignet. Die Möglichkeit, das Material immer wieder zu reinigen, macht es selbst für öffentliche Spielplätze, Kindergärten und Schulen geeignet.
Carbonfasern = Hightech Material
Carbonfaser ist ein Hightech Material, das höchsten Zugbelastungen standhält und derzeit hauptsächlich im Flugzeug- und Automobilbau seine Anwendung findet. Ein Komposit aus einem nur 1,5 mm starken Aluminiumblech, das beidseitig mit nur 0,25 mm dicken harzgetränkten Carbonfaserlagen verstärkt wurde, ist das Grundmaterial für einen Stuhl, den Architekt Shigeru Ban mit Carbonfasermaterial der Firma Teijin entwarf.
Ein extrem filigraner Stuhl war das Ziel der Entwicklung – so leicht, dass er selbst von einem Kind mit dem kleinen Finger gehoben werden kann. Der Aluminiumrahmen wurde von Cassina produziert, die Carbon-Fasern mussten allerdings – trotz der Hightech-Anmutung – von Hand auflaminiert werden, so dass es sich letztlich um ein handgearbeitetes Unikat handelt.
Fasern, die Licht leiten
Fasern, die keine Kräfte, sondern Licht leiten, machte sich Designer Gwenael Nicolas zunutze. In Zusammenarbeit mit der Textildesignerin Reiko Sudo entwickelte er eine leuchtende Sitzbank, die mit ihren Nutzern interagiert. Eingearbeitete Sensoren erspüren die Bewegungen der Besucher. Die Sitzfläche beginnt zu leuchten, wenn man sich der Bank nähert und macht so auf sich aufmerksam.
Die lichtleitenden Kunststoff-Fasern stammen vom Hersteller Mitsubishi Rayon und haben einen Durchmesser von 1 Millimeter. Durch die Webstruktur werden die Fasern in einem kleinen Radius gekrümmt. Das führt dazu, dass Licht nicht nur am Ende der Faser austritt, sondern über die gesamte Länge auch seitlich emittiert wird. Das Lichtgewebe ist mit großer Sorgfalt von Hand gearbeitet und überzieht gleichmäßig die Sitzfläche.
Fruchtbare Zusammenarbeit: Industrie und Designer
Die in der Ausstellung gezeigten Beispiele ragen heraus, weil sie zeigen, welche innovativen Ansätze aus einer fruchtbaren Zusammenarbeit im Know-how der Industrie und dem kreativen Potenzial der Designer entstehen können. Die spezifischen Materialeigenschaften wurden zum Ausgangspunkt der Design-Konzepte. Da es sich um Prototypen handelt, standen die Designer nicht unter marktwirtschaftlichem Entwicklungsdruck und konnten dadurch in erfrischender und fast spielerischer Weise an die Aufgabe herangehen.
Kontakt: Nancy Chabert Agence Renommée 69 Rue Danjou F-92100 Boulogne- Billancourt T +33-(0)1-46100707 nchabert@renommee.fr
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