Um den Ruf der Textilindustrie war es, was Umweltbewusstsein angeht, bislang nicht gut bestellt. Trotzdem gehört sie zu den wichtigsten Konsumgüterbranchen Deutschlands. Laut Umweltbundesamt stammen rund 90 Prozent der hier gekauften Kleidung aus dem Ausland, doch nach wie vor wird hier auch produziert – insbesondere technische Textilien, die 50 Prozent der deutschen Textilproduktion ausmachen. Lassen wir Autobau und Medizintechnik außen vor, und schauen nachhaltige Bezugsstoffe und Polstermöbel an, die man besten Gewissens in Projekten planen oder gar bei sich einziehen lassen kann.
Bezugsstoffe und Lederbezüge von Chemie
Relevant für Ausstatter dürften etwa die ‚ECO FR‘-Bezugsstoffe von Christian Fischbacher sein, denn sie verzichten auf Chemie, die die Umwelt belastet: Gefertigt aus Leinen, Viskose und Baumwolle, sind sie sowohl naturbasiert als auch schwer entflammbar (B1). Mit ihren verschiedenen Scheuerfestigkeiten können mit ihnen öffentliche Räume wie Hotels oder Theater ausgestattet werden.
Recht bekannt ist auch das 2011 erschienene Sofa ‚Easy Pieces‘ von Brühl. Hier setzt Katy Meyer-Brühl konsequent auf zertifizierte Materialien. Ein Gestell aus FSC-zertifiziertem Holz bestimmt die Form; das Besondere zum Zeitpunkt des Launches waren jedoch die Lederbezüge, die mit Rückständen aus der Olivenernte gegerbt wurden. Nun erscheint eine neue Variante mit Metallrahmen.
Eine besondere Gerbung zeichnet auch Dr. Anne-Christin Banslebens Rhabarberleder aus: Sie erfolgt mit Rhabarber-Extrakten und ist somit komplett chromfrei. Zunächst demonstrierte das Label deepmello die Anwendung mit Taschen und Accessoires. Mittlerweile bietet das Unternehmen auch Leder für die Anwendung in Automotive- und Interiorprojekten.
Wer auf Leder verzichten möchte, kann auf die Alternative ‚Piñatex‘ von Ananas Anam zurückgreifen. Das Material der spanischen Designerin Dr. Carmen Hijosa wird aus den Fasern von Ananasblättern gewonnen, die als Ernterückstände anfallen. Das 2014 entwickelte Material findet derzeit erste Interioranwendungen als Bezugsstoff des ‚The lovely pot‘-Sessels von 2LG Studio.
Wandelbare Polstermöbel
Die Produktlinie ‚OnebyOne‘ von Nawaro Möbel wiederum glänzt sowohl mit äußeren als auch mit inneren Werten. Der Korpus aus Massivholz ist im Stecksystem aufgebaut und lässt sich vom Sofa zum abgeschirmten Besprechungsmöbel transformieren. Die feuchtigkeitsregulierenden Füllungen der Kissen, Sitzpolster und Matratzen sind aus Stroh, Naturlatex oder Rosshaar angefertigt. Selbst die Bezugsstoffe bestehen aus Naturfasern wie Schurwolle, Hanf- und Leinengewebe oder aus nachhaltig gegerbtem Olivenleder. Gesundheitsbedenkliche Schadstoffe, Lösungsmittel oder Weichmacher bleiben gänzlich außen vor.
Auch beim Boxspringbett ‚Stella‘ von dormiente sucht man vergebens nach Kunststoff oder Metall im Rahmensystem. Die Polster enthalten reine Schurwolle und Baumwolle aus organischem Anbau (kbT/kbA) sowie Naturkautschuk.
Und nicht zuletzt betont Una Mattress, nur die saubersten, natürlichen Materialien einzusetzen und positioniert sich als Hersteller der weltweit ersten zertifizierten Bio-Matratze: ausschließlich online vertrieben und in einer Box geliefert.
Wenn auch Sie daran mitarbeiten, Ihrer Branche zu mehr Nachhaltigkeit zu verhelfen, lade ich Sie ein, am Green Product Award 2019 teilzunehmen: Die Deadline ist der 18. Januar 2019.
Autor Nils Bader
ist Initiator des internationalen Green Product Awards. Als Berater unterstützt er Unternehmen bei der Transformation, als Speaker setzt er Impulse für grüne Innovationen.
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