Anfaszination Haptik

Daniel von Bernstorff, Chefredakteur der md, charakterisierte Haptik als „spannendes innenarchitektonisches Thema, das uns täglich begegnet, gleichwohl noch nicht die Beachtung findet, die Beachtung findet, die es eigentlich verdient. In die gleiche Kerbe schlug Hannes Bäuerle von der raumprobe. Haptik ist für ihn ein „griffiges Thema mit viel Potenzial“. Den Beweis trat er mit einem wahren Parforceritt durch die Welt der Haptik an. Materialien und Strukturen gehören zum alltäglichen Vokabular von Gestaltern. Bäuerle erläuterte, welche Informationen durch das Berühren eines Gegenstandes vermittelt werden, wie sich ergonomische Qualitäten entfalten und wie sich Schnittstellen zu den anderen Sinnen bilden. Sein Appell: „Nur wenn man Materialien und Oberflächen mit den Händen begreift, kann man deren Faszination zu spüren“.

Bäuerle nennt das „Anfaszination“. Um die Schnittstelle zu anderen Sinnen ging es auch im Vortrag von Dorothee Meier von der meierei, den sie unter das Motto „Farben fühlen“ stellte. Sie verwies auf die „Schwingungen der Farben“ und damit auf die Forschungsarbeit des Biophysikers Fritz A. Popp, der mit seinen Forschungen 1975 beweise konnte, dass in allen Zellen Licht ist, ein Licht, dass sämtliche Energiefelder des Organismus, der zellularen Kommunikation steuert.

Wie wichtig der Tastsinn ist, belegt sie mit der Tatsache, dass dieser immer aktiv ist, auch wenn der Mensch schläft. Wie die Freude an besonderen Texturen in ein konkretes Projekt münden kann, erläuterte sie am Beispiel des Schmuckgeschäfts addore in München. Sie arbeitet dort mit naturfarbenem Leder – eine Referenz an die Haut, auf der der Schmuck ja getragen wird. Leder war auch das Thema von Stephanie Cadiat, Materialexpertin bei Schauenburg Leder. In ihrer Lederschulung vermittelte sie das Kleine Einmaleins eines „nachhaltigen Flächenwerkstoffs, der aus der Veredelung eines Abfallprodukts gewonnen wird.“

Worin sich die Lederarten Anilin, Semi-Anilin, Gedeckt und vollnarbig Gegerbt unterscheiden und wie sie sich anfühlen, begriffen die Besucher der Fachveranstaltung recht schnell anhand der verfügbaren Lederproben. Last not least sprach Christian Sieger von Sieger Design aus der Sicht des Designers über die „haptische Vielfältigkeit im Erlebnisraum Bad“. Zum einen geht es natürlich darum, die Faszination des Wassers zu kultivieren. Er möchte mit Entwürfen wie ‚Elemental Spa‘ Wasser in den Focus rücken. Sieger plädiert für authentische und wertige Materialien als Garanten für Langlebigkeit. Stahlemail zum Beispiel. Wir lernen: Taktile Reize sind wichtig für den Nutzer.

„Fühlen Sie mal“. Diesem Rat aller Experten folgten die zahlreichen Gäste und aktivierten mit Materialproben ihr haptisches Gedächtnis beim abschließenden Get Together.