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Das neue iPhone – Jet Black Box. Kolumne Spot on Design von Réne Spitz. md-mag.com

Spot on Design
iPhone – Jet Black Box

iPhone – Jet Black Box
Foto: © René Spitz
Seit zehn Jahren übt der kalifornische Apple-Konzern mit seinen iPhone-Entwürfen großen Einfluss auf das weltweite Design aus. Die Geräte und Dienste haben nicht nur das tägliche Leben vieler Einzelner verändert, sondern der ganzen Gesellschaft. René Spitz zieht Bilanz.

Das neue iPhone ist also schwarz. Diese Botschaft ist angekommen. Möglicherweise gibt es noch weitere Informationen zum iPhone 7, aber sie erreichen nur diejenigen, die sich auch für technische Details interessieren, und das wohl auch erst im zweiten Schritt. Vordringlich erscheint das glänzende Schwarz der äußeren Hülle zu sein. Die Farbe ist offensichtlich Apples Kernbotschaft. Wobei es sich nicht einfach um irgendein Schwarz handeln soll, auch dies hat die Öffentlichkeit rasch gelernt.
Es ist gerade nicht das ordinäre, weil einheitlich verordnete Schwarz im Sinne eines standardisierten Ford T. Es ist das besondere “Jet” Black. Die Geschichte, die zur Begründung dieses Etiketts erzählt wird, hat sich vermutlich tiefer ins (Kurzzeit-)Gedächtnis der Community eingegraben als das Wissen um Fakten wie Bildschirmauflösung, Akkulaufzeit oder Gewicht.
Und die Preisauskunft, sie wird auch sofort gespeichert. Es ist der wichtigste, der maßgebliche Bezugspunkt fürs Navigieren durch die Flut der Waren und Dienstleistungen.
Ergebnis der neuen Apple-Kampagne: Verknüpfung der Attribute »am teuersten« mit »hochglänzend schwarz« und »äußerst empfindlich gegen Kratzer«. Drei Koordinaten, die diese spezifische Ausführung des neuen iPhones augenblicklich eindeutig verorten: Was kostet es, woran erkenne ich es und welche hervorragende Eigenschaft hat es? Sie dienen dazu, jeden in seinem Selbstbild und Fremdbild einzusortieren.
Apple hat mit seinem neuen Angebot die Grenze zum Luxusmarkt überschritten. Denn mit dem ersten Aufschlag weiß alle Welt, dass dieses lackschwarze iPhone nicht nur das teuerste, sondern auch das empfindlichste ist. Es ist gerade nicht für einen alltäglichen Gebrauch gemacht, den es robust und schadlos überstehen soll. Wer es sich leisten kann, hat es nicht nötig. In dieser unverhüllten Botschaft liegt der Wert des iPhone 7 in Jet Black – zumindest für diejenigen, denen diese Mitteilung wichtig ist. Ihre Fokussierung auf die Oberfläche charakterisiert saturierte Gesellschaften (bzw. Schichten).
Mit Bourdieu werden es die feinen Unterschiede genannt, die in ihnen den Unterschied ausmachen: Über Dazugehören und Weiterkommen entscheidet nicht, ob überhaupt ein Smartphone genutzt wird, sondern welches. Die symbolische, repräsentative Funktion hat Übergewicht gewonnen über alle anderen Funktionen. Das ist ein älterer Hut.
Überraschend ist aktuell die folgende Wendung. Das Smartphone wird meist als allseitiger und allgegenwärtiger Ermöglicher von Kommunikation bezeichnet. Es hat typischerweise eine hermetisch abgeschlossene Form aus Glas und Metall: Eine Materialkombination, die traditionell Transparenz verkörpert, das dominierende ästhetische Paradigma der Moderne. Kommunikation und Design sind Phänomene der Moderne, zu deren Ethos es zählt, Beiträge zur fortschreitenden gesellschaftlichen Transparenz zu leisten.
Doch das Smartphone gestattet überhaupt keinen Durchblick, zumindest nicht physisch. Es entspricht vielmehr einem Modell der Systemtheorie, womit erklärt wird, wie interpersonale Kommunikation gelingt: Der zentrale Bereich entzieht sich danach dem menschlichen Verständnis, er setzt konsequenterweise blindes Vertrauen in die Funktionsfähigkeit voraus, weil er nicht durchschaut werden kann. Dieser Bereich wird Black Box genannt. Es ist der unerklärliche, deshalb magische Ort der Verwandlung von Input in Output, von Rede in Bedeutung.
Das Relikt der vormodernen Zeiten, das durch wissenschaftliche Erkenntnisse verdrängt wird wie die Fantasie durch die Lüge in Michael Endes Unendlicher Geschichte. Das iPhone 7 in Jet Black ist die paradigmatische Black Box der Gegenwart. Nichts, was darin abläuft, ist nachvollziehbar und kontrollierbar. Doch es fordert ungeteilte Aufmerksamkeit, permanenten Input. Seine Belohnung: der unaufhörliche Spiegelblick des Narziss.
Autor René Spitz
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