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Ergonomie = Arbeitsschutz

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Ergonomie = Arbeitsschutz

Ergonomie = Arbeitsschutz
Moderne Bürokonzepte werden verstärkt nachgefragt. Doch immer noch arbeiten zahlreiche Beschäftigte viele Stunden am gleichen Platz. Foto: Fujitsu
Viele Manager widmen dem Arbeitsschutz keine besondere Aufmerksamkeit. Das überlassen sie ihren nachgeordneten Führungskräften. Die tun gut daran, Vorschläge ihrer Mitarbeiter für ergonomische Verbesserungen aufzunehmen und umzusetzen.

Autor Ahmet Çakir

Den Stoff, aus dem (Blitzkarriere)Träume gemacht werden, liefert er nicht gerade: der Arbeitsschutz. Einmal die Brutstätte verlassen, gleich nach ihrer Auswilderung im vorgesehenen Biotop, widmen sich die Absolventen von Führungsakademien und dergleichen eher Themen, deren Namen mit „e“ anfangen, e wie electronic. Daher lauten die interessanten Themen ähnlich wie eCRM (customer relationship management) oder eHRM (human resource management).

Was bedeutet Arbeitsschutz?

Da bleibt nicht viel Zeit, sich mit altbackenen Dingen wie Gesundheit und Sicherheit zu beschäftigen. Für viele besteht der Arbeitsschutz aus Stuhl und Maus, beide bitte ergonomisch, und vielleicht noch Sicherheitsschuhen als persönliche Schutzausrüstung für die Füße. Solche Schuhe wären beim Mitarbeitergespräch nützlich, wenn der Chef einem auf die Füße tritt. Also weitgehend unbekannt. War da noch was?

Und ob! Zum einen das Gesetz und zum anderen beliebte Themen von Führungsseminaren, etwa Verantwortung für die Menschen, die man führen soll, und gegenüber dem Unternehmen, das einem diese Aufgabe übertragen hat. Das will Leistung sehen, die Mitarbeiter wollen sie erbringen. Und wenn sich im Zuge der „Digitalisierung“ rund die Hälfte der deutschen Arbeitsplätze verändern sollte wie vorhergesagt, wird die zu erbringende Leistung eine andere sein als heute.

Zudem ist bis dahin ja noch der Übergang zu bewältigen. Auch eine Leistung, und keine allzu kleine! Bei ruhiger See ist leicht Steuermann sein, Industrie 4.0 oder Digitalisierung verheißen aber stürmische Zeiten. Wenn die Mannschaften, die man dann zu führen hat, wenigstens etwas olympiareif wären. Sie werden aber einer schrumpfenden Population angehören, deren Alter historisch hohe Werte annimmt.

Was will das Arbeitsschutzgesetz?

Was will da das Arbeitsschutzgesetz? Es verpflichtet die Unternehmensführung nicht mehr nur zur Verhütung von Unfällen, sondern zur Wahrung und Förderung der Sicherheit und Gesundheit aller Beteiligten. Das ist nicht neu, muss aber betont werden, weil die intelligentesten Köpfe unserer Wirtschaft zweierlei Lesegeschwindigkeiten zu haben scheinen. Sonst ließe sich nicht erklären, dass Leute, die bei Börsennachrichten zwei oder drei Laufbänder gleichzeitig lesen können, zwei Jahrzehnte lang nicht wahrnehmen, welches Potenzial sich beim Arbeitsschutz auftut. Nur so ist zu verstehen, dass man auf den oberen Führungsetagen eher einem Einhorn begegnet als einem begeisterten Arbeitsschützer.

Gemeint sind nicht die höchsten Manager, sondern eher die unmittelbaren Vorgesetzten, so man ihnen die Pflichten übertragen hat und sie entsprechend qualifiziert. Diese Gruppe kennt sich mit der Arbeit besser aus als andere. Zudem hat sie die Hand am Puls der Mitarbeiter, die heute eher unter Stress, also psychischen Belastungen, Störungen bei der Arbeit und Zeitdruck leiden.

Körperliche Beschwerden folgen dicht dahinter. Ein Wunder! Denn bei all den ergonomischen Errungenschaften der vergangenen 40 Jahre – tolle Stühle, brillante Bildschirme und knuddelige Mäuse – müssten die Mitarbeiter zur Erholung ins Büro kommen.

Doch die Statistiken betrieblicher Untersuchungen sprechen eine andere Sprache. Zwar sitzen viele an guten Tischen vor tollen Bildschirmen, allerdings nicht mehr eine oder drei Stunden täglich, sondern nur noch. Dadurch wirken sich bereits geringe Unzulänglichkeiten des Arbeitsplatzes so aus, dass es heute zum Beispiel mehr Nackenbeschwerden gibt als vor 40 Jahren. Und gut ein Drittel mehr Brillenträger als damals.

Bessere Organisation des Arbeitsplatzes

Außenstehende nehmen solche Dinge nicht unbedingt wahr, aber die Führungskraft sollte es, sofern sie dafür sensibilisiert ist. Sie kann jedoch keine Wunder schaffen. Die sind ohnehin nicht gefragt, sondern etliche kleine Hilfen wie eine bessere Organisation des Arbeitsplatzes oder eine verständliche Unterweisung. Die Führungskraft kann die gemeinsamen Probleme aller Mitarbeiter erkennen und darüber eine Etage höher berichten. Beispiel Auswahl der Bildschirme. Sie unterscheiden sich in der Größe oft wie das Mäusekino von der Großleinwand. Manche lassen sich sogar per Fingerspitze steuern. Doch bleiben die Fragen: Welche nimmt man bloß? Und wie viele?

Wenn man eine Arbeit mag, dann ist es keine Arbeit

Wie segensreich sich die Einbindung der Führungskräfte bei der Gestaltung der „Arbeitsmittel“ auswirken kann, lässt sich in Betrieben bewundern, die ihr Knowledgemanagement selbst erstellen, das eRückgrat moderner Unternehmen. Zwar wird die Technik vorher angelegt, die Ausgestaltung liegt aber in den Händen derer, die direkt mit der täglichen Arbeit konfrontiert sind. Verwunderlich klingt nur, dass eine zusätzliche Arbeit, für die man nicht ausgebildet ist, Stress mindern soll. Ist aber so!

Das Geheimnis dahinter kann man von der Titelfigur Harry (Rabbit) Angstrom aus John Updikes Novelle „Rabbit, Run“ erfahren: „Wenn man eine Arbeit mag, dann ist es keine Arbeit.“ Daraus lässt sich ableiten: Wenn die Organisation nicht bei Fremden eingekauft, sondern selbst mitgestaltet wird, hat man auch mehr Freude an der Arbeit.

Wer sich nicht unbedingt von einem Kaninchen (Harry ist eines) beraten lassen will, kann beim griechischen Denker Aristoteles Bestätigung finden: „Freud an der Arbeit lässt das Werk trefflich geraten.“ Hatte er auch mit der Ergonomie zu tun? Nicht mehr allzu viel, weil sein Meister Protagoras das Wesentliche mit einem Satz erledigt hatte: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge …“

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Kolumnist Ahmet Çakir ist Inhaber und wissenschaftlicher Leiter des Ergonomic Instituts für Arbeits- und Sozialforschung in Berlin und Gutachter.

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