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Schutzhütten auf Zeit

Raum und Material
Schutzhütten auf Zeit

Wenn die Flüsse zufrieren, gehen die Kanadier aufs Eis. Schutz vor Wind und Schnee finden sie in einfachen Unterständen, Schutzhütten aus Holz.

Autorin Christiane Sauer

Die kanadische Stadt Winnipeg im Staat Manitoba hat 600 000 Einwohner und gilt als eine der kältesten Städte außerhalb Sibiriens. In dem bis zu einem halben Jahr langen Winter liegen die Durchschnittstemperaturen im Januar bei minus 17° C und fallen zeitweise sogar auf bis zu minus 40° C. Eisige Winde fegen über die Landschaft. Wintersport wird hier trotzdem groß geschrieben, besonders beliebt sind die Eislaufstrecken auf den zugefrorenen Flüssen. Um diese noch attraktiver zu gestalten, wurde 2010 ein Förderprogramm ins Leben gerufen, das temporäre Schutzhütten entlang der Wege installieren sollte, die als windgeschützte Rastmöglichkeit dienen.

Platz für drei Erwachsene oder fünf Kinder

Das in Vancouver beheimatete kanadische Büro Patkau Architects entwickelte hierfür eine ebenso einfache wie ästhetisch ansprechende Lösung. Die kleinen Objekte mit einer Höhe von rund drei Metern orientieren sich am Mensch als Maßstab und stehen wie hölzerne Schutzmäntel am Rand des Eislaufpfades. Hierfür wurden fünf Millimeter starke Mahagonisperrholzplatten wie überdimensionale Furnierblätter gebogen und mit Nieten aneinander fixiert. Die Kleinstraumeinheiten bieten Platz für drei Erwachsene oder fünf Kinder, die sich hier Aufwärmen können.

Wind pfeift durch aerodynamischen Formen hindurch

Sechs dieser „Schutzhütten“ wurden zu einem kleinen „Dorf“ arrangiert. Das Layout der wie zufällig positionierten Unterstände wurde von den Architekten zuvor an Modellen getestet und fixiert. Sie sind gegeneinander im Winkel von 120 bzw. 90 Grad verdreht und gruppieren sich um eine Art Hof. Je nach Windrichtung oder Sonnenstand kann der Nutzer sich den idealen Unterstand aussuchen. Die Struktur passt sich so den unterschiedlichen Wetterverhältnissen und Sonnenständen an. Auch der Wind findet hier keinen Widerstand, er fegt einfach zwischen den aerodynamischen Formen hindurch. Die Unterstände können vor der Schneeschmelze leicht demontiert und bis zur nächsten Saison zwischengelagert werden.

Keilförmige Massivholzteile dienen als Rückgrat der Konstruktion

Die Holztafeln sind zugleich Struktur, Raum bildende Elemente und Oberfläche. Keilförmige Massivholzteile dienen als Rückgrat der Konstruktion und leiten Schneelasten ab. Die Biegung der Form spiegelt die materialspezifischen Verformungsparameter des Holzwerkstoffes wieder. Die geölte Oberfläche wirkt Schnee abweisend und ist partiell im Raster von 25 mm gelocht, was Licht in das Innere streut. Den stabilen Boden und zugleich die Basis der Konstruktion bildet eine nahezu dreieckige hölzerne Grundfläche mit einer Seitenlänge von rund 1,5 Metern.

Stabile Verankerung durch Festfrieren

Zur Befestigung werden Löcher in das Eis gebohrt und mit Wasser gefüllt, so dass nach erneutem Zufrieren eine stabile Verankerung für die Strukturen entsteht. Als Möblierung gibt es kleine Hocker, die aus einer Holzunterkonstruktion mit ebenfalls darüber gezogenen dünnen Sperrholzplatten bestehen.

Die Formfindung der Objekte erfolgte an physischen Modellen im Maßstab 1:12 und an einem Prototyp in Originalgröße. An dem 1:1 Mock-up wurden Spannungspunkte in der Oberfläche ermittelt und Stellen hoher Belastung partiell mit Einschnitten versehen, um diese zu entspannen. Die funktionalen Einschnitte werden zugleich als gestaltendes Detail eingesetzt.

Sanft bewegen sich die Schutzütten im Wind

Die Planungszeit war so sportlich wie das ganze Vorhaben: Der Entwurf startete im Oktober 2010; bereits drei Monate später, im Januar 2011, wurden die Elemente auf dem Eis montiert. Fast wirken sie wie eine Herde Bisons, die, Körper an Körper gestellt, sich gegenseitig wärmen und den winterlichen Winden trotzen. Ganz sanft bewegen sich die hölzernen Unterstände mit dem Wind, knarzen und schwingen in unterschiedlichen Frequenzen. So bekommen sie einen fast lebendigen Charakter. In ihnen entflieht man nicht der Natur, man ist ein Teil von ihr, mitten in der Weite der kanadischen Prärie.

Patkau Architects Vancouver/Canada www.patkau.ca

Fotos: James Dow, ©Patkau Architects

Zeichnungen: Patkau Architects

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