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Ayzit Bostan

Hochschullehrer im Portrait
Ayzit Bostan

Sie fällt ein bisschen aus dem üblichen Rahmen der Kunsthochschule in Kassel – seit vier Jahren hat die Münchnerin Ayzit Bostan dort die Professur für Design textiler Produkte inne.

Autorin Nina Shell

Dies nicht nur wegen ihres international renommierten Namens, den sie sich als Künstlerin und Designerin gemacht hat, sondern sicherlich auch wegen ihrer Vielschichtigkeit in allen Disziplinen – und der fröhlichen Leidenschaft, mit der sie all ihre Projekte vorantreibt. Dabei stolpert die 47-jährige ehemalige Schulabbrecherin sehr sympathisch immer mal wieder über den für sie immer noch ungewohnten Professorinnen-Titel, der aber de facto als logische Folge aus ihrem spannenden Lebenslauf in den Lehrauftrag an der Kunsthochschule in Kassel mündete.
Doch zurück zu den Anfängen: Ihren Abschluss machte Ayzit Bostan dann über den zweiten Bildungsweg, beschloss, eine Ausbildung zu machen. Eine Schneiderlehre lag nahe, weil sie schon immer gern ihre eigene Kleidung selbst gestalten wollte. Schnell nahm ihre Karriere Fahrt auf – “damals war mir gar nicht bewusst, dass das schon Selbstständigkeit bedeutet, wenn man ein Mikro-Atelier mit kleinem Showroom hat”, erzählt sie. Das habe sich gar nicht wie Arbeit angefühlt, sondern war einfach das, was ihr Spaß gemacht hat. Das war 1995. Über Mund-zu-Mund-Propaganda, einen großen Freundeskreis im Design-, Kunst- und Kreativbereich wurde man schnell auf sie aufmerksam, schon 1997 wurde Ayzit Bostan mit dem Förderpreis für Angewandte Kunst der Stadt München ausgezeichnet – ein absolutes Novum für das Thema Mode. Rückblickend kann man aber auch sagen, dass die Jury in diesem Fall perfekte Weitsicht gezeigt hat in puncto der vielfältigen Qualitäten und des hohen kreativen Potenzials der Preisträgerin.Ganzheitlich zu denken und entsprechend zu handeln zeichnet sie aus: “Ich sehe Design als Kosmos, mich interessiert immer das ganze Bild, nicht nur ein Kleidungsstück.”
Durch viele Freunde und Kollegen aus Design, Fotografie, Kunst und Architektur erweiterte sich der disziplinübergreifende Horizont immer weiter, zumal ihr Interessenschwerpunkt immer auf visuellem und künstlerischem Kontext basierte. Ein gutes Beispiel für eine Arbeit, die viele Facetten im Blick hat, war 2012 die Installation ‘Replika’, die sie in Kooperation mit Industriedesigner und Fotograf Gerhardt Kellermann (der sein Studio gleich neben dem von Ayzit Bostan hat) im Münchner Hofgarten gestaltet hat unter dem Motto “Aspekte der Gestaltung und des Designs im öffentlichen Raum”.
Kein Wunder also, dass sie aufgefordert wurde, sich für die Lehrtätigkeit im Bereich Produktdesign mit dem Schwerpunkt Design textiler Produkte in Kassel zu bewerben. Kein Wunder auch, dass sie angesichts ihres reichen Portfolios auf Anhieb genommen wurde.
Ihre, wie sie sagt, anfängliche Schüchternheit in puncto didaktische Fähigkeiten hat sie schnell abgebaut, gemerkt, wie sie mit jedem Semester sicherer und besser wurde. Wobei man Schüchternheit oder auch Unsicherheit im Fall von Ayzit Bostan eher als beständiges kritisches Hinterfragen der eigenen Arbeit in jedem Bereich übersetzen kann – was natürlich eine weitere hohe Qualität ihrer Person und Arbeit zeigt. Eigenschaften, von denen die Studierenden in Kassel viel profitieren können – nicht zuletzt dadurch, dass Ayzit Bostan ein Musterbeispiel dafür ist, was man alles schaffen kann, wenn man mit Talent und Mut sein eigenes Ding durchzieht. Ihr Motto, auch mit Blick auf die Studierenden: “Qualität setzt sich durch. Es ist total schön, dass man sich darauf verlassen kann, Qualität zu erkennen, und die Leute dann zu pushen, selbst wenn sie schüchtern sind oder an sich zweifeln.”
Für jedes Semester gibt sie ein Projekt vor, zuletzt waren das Wohnaccessoires – “schön oberflächlich”, lacht sie. Aber dies auch nur vordergründig, denn: “Mich interessieren gute Produkte. Es gibt so viel Schund, der eigentlich nicht entworfen, aber auf gar keinen Fall produziert werden sollte.” Ein anderes Semesterprojekt war das Thema ‘Mobile Grenzen’, das sich mit Raumteilern, also auch Textilem im Raum beschäftigte. Auch ‘Voodoo’ war schon mal Titel eines Projekts. “Das rein Textile ist mir zu wenig, genau wie mir in meiner Arbeit ja auch die Mode allein zu wenig ist.” Ein großes Thema sind natürlich auch die Materialien an sich, die heute in vielerlei Hinsicht multifunktional in Mode, Produktdesign und Raumgestaltung einsetzbar sind.
Highlights in ihren Semestern setzt Ayzit Bostan auch immer wieder mit Extras: Da lädt sie gern mal spannende Leute aus der Kreativszene ein, so hatten die Studierenden beispielsweise Florian Böhm und Annahita Kamali, Studio akfb, zu Gast für einen zweitägigen Workshop. Das Ergebnis: Produktfotografien von dem, was die Studenten während des Semesters entworfen hatten. Das Semesterprojekt wurde nicht wie sonst nur einmal präsentiert, sondern über mehrere Wochen auf der großen Plakatwand der Kunstakademie gezeigt. “Das war klasse, die Studenten haben sich nicht nur gefreut, dass ihre Ergebnisse professionell inszeniert und fotografiert wurden, sondern natürlich auch, dass das Resultat für alle so lange sichtbar war. Solche Ideen machen uns allen total Spaß.” Und Spaß, ebenso wie Neugier, Entwicklungswille und Leidenschaft, alles, was Ayzit Bostan selbst ausmacht, dürfte ansteckend wirken, ebenso wie die thematischen Inhalte ihrer Lehrtätigkeit, die Gestaltungskompetenz im Umgang mit Materialien und Techniken zur Entwicklung von textilen Produkten und deren funktionale und ästhetische Qualität, insbesondere im räumlichen Kontext vermittelt.

Ayzit Bostan

Ayzit Bostan
Die mehrfach ausgezeichnete Künstlerin und Modedesignerin Ayzit Bostan wurde 1968 in Ankara geboren und lebt seit 1972 in Deutschland. Nach ihrer Ausbildung zur Schneiderin folgte die Ausbildung zur Schnittdirectrice an der Meisterschule für Mode München. Dort machte sie sich mit ihrem eigenen Label selbstständig. Seit vielen Jahren bewegt Bostan sich an der Schnittstelle zwischen Design und Kunst, zwischen Ausstellungen und Modeindustrie. Neue Kollektionen präsentiert sie nicht auf Modenschauen, sondern als Performance und Installationen in Galerien und Museen. Lehrerfahrung sammelte sie mit Workshops an der Universität der Künste in Berlin.

Kunsthochschule in Kassel
Ayzit Bostan
Diplomstudiengang:
Produktdesign Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester
Abschluss: Diplom Dauer: 10 Semester
Professoren: 5 hauptamtliche Professoren/innen sowie 1 Projektprofessur, 7 künstlerische Mitarbeiter
Der Studiengang Produktdesign ist ein grundständiger Diplomstudiengang. Er ist unterteilt in ein handwerkliches Vorpraktikum, ein Grund- sowie ein Hauptstudium von jeweils vier Semestern und ein Prüfungssemester. Es wird der akademische Grad Diplom-Designer bzw. Diplom-Designerin vergeben. Das Studium des Produktdesigns ist inhaltlich in drei Studienbereiche gegliedert: Entwerfen, Künstlerische/Wissenschaftliche Kenntnisse, Werkstätten. Die offen gehaltene Studienstruktur mit ihren vielfältigen Wahlmöglichkeiten – wobei die Studenten und Studentinnen durch eine intensive Beratung unterstützt werden – trägt dem Rechnung. Nach Abschluss ihrer Ausbildung sollen die Absolventinnen und Absolventen in der Lage sein, selbstständig und kompetent Designprobleme hoher Komplexität zu lösen und dabei die künstlerischen, wissenschaftlichen und technischen Methoden des Designs entsprechend ihrer Schwerpunktsetzung professionell einzusetzen.
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